Nierenwerte

Zu Funktionsstörungen der Nieren kann es durch Entzündungen, Infektionen, Tumoren, Vergiftungen, Blutgefäßveränderungen, Diabetes und Erbkrankheiten kommen
Zu Funktionsstörungen der Nieren kann es durch Entzündungen, Infektionen, Tumoren, Vergiftungen, Blutgefäßveränderungen, Diabetes und Erbkrankheiten kommen

Die Nieren sind das Kontrollorgan der Körperflüssigkeiten. Sie sorgen dafür, dass Volumen und Zusammensetzung des Blutes konstant bleiben. Das gewährleisten die Nieren mit ihrem hoch spezialisierten Filtrationsapparat. Sie filtern Substanzen, vor allem stickstoffhaltige Endprodukte des Eiweißstoffwechsels, aus dem Blut und sondern sie ab. Die Nieren spielen auch eine wichtige Rolle im Elektrolyt-, Säure und Basenhaushalt. Auch am Knochenstoffwechsel sind sie beteiligt. Durch die Hormonproduktion (Renin/Erythropoetin) haben die Nieren Einfluss auf den Blutdruck und die Blutbildung. Bei Schäden der Nieren sind alle diese Bereiche früher oder später betroffen. Die vielfältigen Aufgaben der Nieren werden durch einen komplexen Regelmechanismus gesteuert. Dazu gehören die Hormone: Aldosteron und Renin. Aber auch Nerven, vor allem der Sympathikus, und Autoregulationsmechanismen der Nierengefäße sind an der Steuerung der Nierenarbeit beteiligt. Zu Funktionsstörungen der Nieren kann es durch Entzündungen, Infektionen, Tumoren, Vergiftungen, Blutgefäßveränderungen, Diabetes und Erbkrankheiten kommen. Folgende Parameter (im Blut und/oder Urin bestimmt) werden in den Spitälern vorwiegend herangezogen, um die Filterfunktion der Nieren zu kontrollieren:

1. Kreatinin (Creatinin, Crea, Krea)

Kreatinin ist die Ausscheidungsform von Kreatin, das sich als Energiereserve im Muskel befindet. Kreatinin wird über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden. Es hat keine besondere Bedeutung für den Körper, da es aber fast vollständig filtriert wird, wird es zur Überprüfung der Nierenfunktion verwendet. Der Kreatininspiegel im Blutserum ist abhängig von der Muskelmasse, vom Lebensalter und von der Nierenfunktion. Allerdings steigt der Kreatininspiegel erst ab einer Funktionseinschränkung der Nieren von über 50 Prozent an. Unterhalb dieser Schwelle liegt der so genannte kreatininblinde Bereich. Dort ist die Kreatinin-Clearance aussagekräftig. Bei akutem Nierenversagen steigt der Kreatinin-Spiegel erst nach mehreren Stunden an. Der Harnstoff-Spiegel reagiert dagegen etwas schneller. In welchen Fällen wird der Kreatinin-Wert bestimmt?

Kreatinin wird oft routinemäßig bestimmt. Speziell bei Verdacht auf akute und chronische Nierenerkrankungen sowie Nierenschädigungen durch andere Krankheiten wie z. B. Bluthochdruck und Medikamente. Woraus wird der Kreatinin-Wert bestimmt? Kreatinin wird im Serum und im Urin (24-Stunden-Sammelurin) bestimmt. Während der Urinsammelperiode soll kein Fleisch gegessen und keine körperliche Arbeit verrichtet werden. Zahlreiche Medikamente beeinflussen die Werte. Referenz-/Normalwerte alte Einheit: Männer im Blut: 0,84-1,25 mg/dl, Frauen im Blut: 0,66-1,09 mg/dl, Kinder ab einem Jahr im Blut: 0,25-0,62 mg/dl

2. Kreatinin-Clearance

Die Kreatinin-Clearance ist ein Wert, der Auskunft über die Filtrationsleistung der Nieren gibt. Um den Wert zu verstehen, bedarf es einiger Wissensgrundlagen über die Nierenfunktion. Was ist die Kreatinin-Clearance?

Die Nieren werden besonders gut durchblutet. 20 Prozent des Blutes, das durch das Nierengefäßsystem fließt, wird mit Hilfe komplizierter Mechanismen in den so genannten Glomeruli, den knäuelförmigen Blutgefäßen in den Nieren, abfiltriert. Je nach Bedarf des Körpers werden Flüssigkeit und Elektrolyte wieder in den Blutkreislauf aufgenommen oder als Urin ausgeschieden. Auf diese Weise kontrolliert der Körper das Flüssigkeitsvolumen zehnmal pro Tag, indem er es durch die Nieren schleust. Clearance kommt aus dem Englischen und bedeutet „Klären“ einer bestimmten Substanz. Kreatinin-Clearance ist demnach der Vorgang, bei dem Kreatinin in einer bestimmten Zeit „geklärt“ wird. Die Voraussetzung ist, dass die Substanz vollständig filtriert und nicht z. B. aktiv von den Nieren mit Sekreten versehen oder aufgenommen wird. Auf eine Formel gebracht, lautet der Zusammenhang so: Kreatinin-Clearance = (Urinkonzentration von Kreatinin x Harnvolumen) / (Plasmakonzentration von Kreatinin x Zeit)

Da die Kreatinin-Konzentration und damit die Clearance abhängig von der Körpermasse ist, wird die oben errechnete Kreatinin-Clearance mithilfe der Körperoberfläche korrigiert:
Kreatinin-Clearance korrigiert = (Kreatinin-Clearance x 1,73) / Körperoberfläche

Außer von Kreatinin, das sich als körpereigene Substanz anbietet, kann die Clearance auch von anderen Stoffen bestimmt werden, wie z. B. von Inulin. Inulin ist ein stärkehaltiger Vielfachzucker, wie er beispielsweise in der tropischen Pflanze Topinambur vorkommt. Er wird von den Glomeruli vollständig abfiltriert und entspricht daher genau der glomerulären Filtrationsrate.  In welchen Fällen wird die Kreatinin-Clearance bestimmt?

Die Kreatinin-Clearance wird bei Verdacht auf Nierenschädigung und bei Verlaufskontrollen von entsprechenden Erkrankungen bestimmt. Der Serumkreatinin-Wert steigt erst bei Nierenfunktionseinschränkungen von über 50 Prozent an. Bei schon erhöhten Serumkreatinin-Werten ist die Kreatinin-Clearance kein geeigneter Parameter, weil die Niere bei Serumwerten über zwei Milligramm je Deziliter in das Kreatinin bestimmte Stoffe absondert. Woraus wird die Kreatinin-Clearance bestimmt? Kreatinin-Konzentrationen müssen im Blutserum und im 24-Stunden- Urin gemessen werden. Die Urinsammelperiode muss genau eingehalten werden. Währenddessen darf der Patient kein Fleisch essen und keine körperliche Schwerarbeit verrichten, um den Serumkreatinin-Wert konstant zu halten.
Referenz-/Normalwerte: mit 1,73 m² = Körperoberfläche. Frauen: 60-139 ml/min x 1,73 m² ,Männer: 95-160 ml/min x 1,73 m², Kinder bis 13 Jahre: 120-145 ml/min x 1,73 m². Nach dem 40. Lebensjahr fällt die Kreatinin-Clearance um ca. 8,5 ml/min pro 10 Jahre.

3. Harnstoff

Harnstoff ist das Hauptendprodukt des Eiweißstoffwechsels. Aus dem Stickstoff, der beim Eiweißabbau anfällt, wird in der Leber Ammoniak gebildet. Aus Ammoniak (NH) und Kohlendioxyd (CO) entsteht Harnstoff. Harnstoff wird zu 90 Prozent über die Nieren ausgeschieden, der Rest mit Schweiß und Darmsekreten. Was ist Harnstoff?

Da Harnstoff in den Nieren aus dem Blut filtriert wird, ist er ein Parameter zur Beurteilung der Nierenfunktion. Allerdings kommt es erst bei einer Funktionseinschränkung von 50 bis 70 Prozent zu einem Anstieg des Harnstoffs im Blut. Außerdem ist der Harnstoffspiegel im Blut auch bei normaler Funktion der Niere, aber gesteigertem Eiweißabbau (z.B. Fieber), eiweißreicher Kost sowie bei zu geringer Flüssigkeitszufuhr erhöht. Früher war auch die Bestimmung des Blut-Harnstoff-Stickstoffs (Harnstoff-N) üblich, auch mit BUN (blood urea nitrogen) bezeichnet. Als Berechnungsgrundlage für Harnstoff gilt die Formel: Harnstoff-N (mg/dl) x 2,14 = Harnstoff (mg/dl). In welchen Fällen wird der Harnstoff-Wert bestimmt?

Harnstoff wird oft routinemäßig bei Blutuntersuchungen bestimmt. Speziell dient der Harnstoff zur Diagnose und Verlaufskontrolle eines Nierenversagens (Niereninsuffizienz) und der Kontrolle der Eiweißzufuhr bei Funktionsstörungen der Nieren.
Woraus wird der Harnstoff-Wert bestimmt? Harnstoff wird aus dem Blutserum und selten im Urin (24-Stunden-Sammelurin) bestimmt.  Referenz-/Normalwerte: Erwachsene und Kinder im Blut: 12-48 mg/dl, Erwachsene und Kinder im Urin: 20-35 g/24 h, Säuglinge bis 6 Monate im Blut: 12-42 mg/dl. Bei fleischreicher Kost resultiert ein höherer Wert im Urin als bei vegetarischer Kost.

4. Harnsäure

Harnsäure ist das Endprodukt des Purinstoffwechsels. Purin ist eine Vorstufe für den Aufbau von DNS (Desoxyribonukleinsäure) und RNS (Ribonukleinsäure), die Träger der genetischen Information und in körpereigenen Zellkernen vorhanden sind.
Was ist Harnsäure? Als Nahrungsbestandteil wird Purin mit Fleisch, vor allem mit Innereien, aufgenommen. Harnsäure wird über die Nieren mit dem Urin und über den Darm ausgeschieden. Harnsäure ist nur sehr gering im Blut löslich (unter 420 µmol/l).

Bei höheren Konzentrationen bilden sich vor allem in den Gelenken Harnsäurekristalle, die dort massive Entzündungsreaktionen hervorrufen können. Es kommt zum so genannten Gichtanfall. Die Veranlagung, einen Gichtanfall zu erleiden, ist erblich.  Die Löslichkeit der Harnsäure wird wesentlich vom pH-Wert bestimmt. Bei einem Urin-pH von 7,0 ist die Harnsäure-Ausscheidung zehnmal schlechter als bei einem Urin-pH von 5,7. Der Arzt wird deshalb versuchen, den pH-Wert des Urins von Gichtpatienten niedrig zu halten. In welchen Fällen wird der Harnsäure-Wert bestimmt?

Oft wird Harnsäure routinemäßig bei Blutuntersuchungen bestimmt. Speziell wird sie gemessen zur Diagnostik und Verlaufskontrolle bei Gicht, als Kontrolle bei Nierenversagen, bei einer Nulldiät und bei Krebstherapien wie der cytostatischen Therapie und der Röntgentherapie. Woraus wird der Harnsäure-Wert bestimmt? Harnsäure wird im Blutserum und im Urin (24-Stunden-Sammelurin) bestimmt. Vor der Blutentnahme soll der Patient drei Tage lang normale, das heißt weder besonders fleischarme noch fleischreiche Nahrung aufnehmen, keine Schwerarbeit verrichten und keinen Alkohol trinken. Ebenso darf er nicht intensiv Sonnenbaden.

Vor der Blutentnahme muss der Patient nüchtern sein, darf also nichts gegessen oder getrunken haben. Die Blutprobe ist im Kühlschrank nur maximal eine Woche lagerungsfähig. Referenz-/Normalwerte:  Frauen im Blut: 2,5-5,9 mg/dl alte Einheit; 149-351µmol/l SI-Einheit, Männer im Blut: 3,5-7,1 mg/dl alte Einheit; 208-422µmol/l SI-Einheit, Kinder im Blut: 1,9-5,9 mg/dl alte Einheit; 113-351µmol/l SI-Einheit, Erwachsene im Urin: 0,45-2 g/24 h alte Einheit. Bei fleischreicher Kost resultiert ein höherer Wert im Urin als bei vegetarischer Kost.