Chronische Nierenerkrankungen bleiben zu lange unbemerkt

Die Nieren eines Erwachsenen filtern täglich an die 1.600 Liter Blut. Nierenerkrankungen bleiben jedoch häufig über lange Zeit unbemerkt.

(ANÖ/APA). Am Ende des Weges droht der Verlust der Nierenfunktion, die Dialyse oder eine Transplantation und das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt steigt. Der Grazer Nephrologe und Vorstand der Uniklinik für Innere Medizin, Alexander Rosenkranz, appellierte an die Bevölkerung, an Vorsorgeuntersuchungen teilzunehmen.

Wenn man das Problem rechtzeitig erkennt, lässt es sich gut behandeln

Die Nieren filtern nicht nur Mineralstoffe, Zucker, Hormone und vieles mehr, aus dem Blut, sondern sorgen auch dafür, dass viele der Stoffe in den Organismus rückgeführt werden und letztlich circa 1,5 Liter Harn übrigbleiben. Im Falle einer Nierenschwäche wird das Blut nicht ausreichend gereinigt, was zur Ansammlung von schädlichen Schlackstoffen führt.

Eine schlechter werdende Nierenfunktion spürt man nicht, kann aber katastrophale Folgen mit sich bringen. Geschätzt rund zehn Prozent der Bevölkerung in Österreich sind davon betroffen, dass ihre Nierenfunktion bereits unter 60 Prozent liegt oder eine Schädigung der Niere vorliegt. „Das grundsätzliche Problem bei einer Nierenerkrankung ist, dass man sie sehr lange nicht merkt. Wenn man dann auf einmal entsprechende Symptome wie geschwollene Füße oder Atemprobleme hat, ist es für eine Behandlung oft zu spät, weil die Nierenfunktion bereits auf unter 20 Prozent gesunken ist“, hob Rosenkranz hervor.

Bei rechtzeitigem Erkennen gut behandelbar

Die Nierenfunktion nimmt bei jedem Menschen ab dem 50. Lebensjahr pro Jahr um ein bis zwei Prozent ab. Kommen gewisse Risikofaktoren wie Diabetes, Übergewicht und Bluthochdruck hinzu, kann der Prozess aber viel schneller vor sich gehen und die Funktion der Niere sogar um bis zu 15 Prozent jährlich verringern. Wenn man das Problem allerdings rechtzeitig erkennt, lässt es sich laut Rosenkranz gut behandeln. Um den Prozess abzubremsen, werde aktuell auf Medikamente aus der Gruppe der sogenannten SGLT-2-Hemmer zurückgegriffen, wie sie auch zur Behandlung von Diabetes Mellitus standardmäßig eingesetzt werden. „Vereinfacht ausgedrückt beeinflusst die Substanz jene Filterleistung positiv, die die zig tausend kleinen Filterröhrchen im Tubulussystem unserer Nieren täglich übernehmen. Die Substanz unterstützt die Regulierung des Prozesses und trägt damit dazu bei, Nierenerkrankungen vorzubeugen oder bestehende Probleme zu behandeln“, erklärte Rosenkranz.

Um Nierenerkrankungen frühzeitig zu erkennen und Betroffene bedarfsgerecht und abgestuft zu betreuen, wurde in der Steiermark das Screeningprogramm „niere.schützen“ eingerichtet. Der Check richtet sich an Personen ab 40 Jahre, wobei speziell Risikopatienten – also Personen mit Diabetes oder Herz-Kreislauferkrankungen und erblichen Vorbelastungen – daran teilnehmen sollen. Der Gesundheits-Check, bei dem spezielle Marker erhoben werden, wurde von Rosenkranz entwickelt, vom Gesundheitsfonds finanziert und kann über den Hausarzt in Anspruch genommen werden. Bei Bedarf wird eine weitere Abklärung durch Spezialistinnen und Spezialisten (Nephrologinnen und Nephrologen) veranlasst.

Für die Nierengesundheit, kann jeder aber auch selbst etwas tun: Aufs Gewicht schauen, Bewegung machen, nicht rauchen und ausreichend trinken, d. h. die Flüssigkeitsmenge dem Lebensstil anpassen, lauten Rosenkranz‘ Tipps dazu. „Sorgen Sie also vor, denn letztlich geht es nicht nur um die Nieren, sondern auch ums Herz und ums Hirn“, appellierte der Internist.

>>>Informationen zum Programm niere.schützen