Voranschreiten der Herzmuskelverdickung bei DialysepatientInnen kann medikamentös gebremst werden

Wien (OTS) – PatientInnen mit chronischer Nierenfunktionseinschränkung entwickeln häufig eine Verdickung des Herzmuskels, eine sogenannte Linksventrikelhypertrophie.

Das ist insbesondere bei niereninsuffizienten PatientInnen in spätem Stadium, also bei jenen, die eine Nierenersatztherapie wie die Hämodialyse („Blutwäsche“) benötigen, besonders ausgeprägt. Die Gefahr dieser Herzmuskelverdickung liegt in einer deutlichen Erhöhung des Risikos für akute Herz-Kreislauferkrankungen wie zum Beispiel plötzlichem Herztod. PatientInnen an der Hämodialyse haben etliche Risikofaktoren für die Entwicklung einer solchen Herzmuskelverdickung. Einer davon ist die Erhöhung des sogenannten Fibroblast-Growth-Factor 23 (FGF23), eines Proteins, das mit schlechter werdender Nierenfunktion steigt. FGF23 kann jedoch durch Medikamente in verschiedene Richtungen beeinflusst werden. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie unter Leitung von Katharina Dörr von der Klinischen Abteilung für Nephrologie und Dialyse an der Universitätsklinik für Innere Medizin III von MedUni Wien und AKH Wien.

In der randomisiert kontrollierten Studie erhielten 62 PatientInnen aus zwei Dialysezentren in Wien (AKH Wien, Wiener Dialysezentrum) über den Zeitraum von einem Jahr entweder das Medikament Etelcalcetide (aus der Medikamentengruppe der Calcimimetika) oder Alfacalcidol (Vitamin D). Beide Medikamente werden primär zur Therapie einer Knochenkrankheit eingesetzt, die bei nierenkranken PatientInnen häufig vorkommt (sekundärer Hyperparathyreoidismus). Die Therapie wurde den PatientInnen nach jeder Dialysebehandlung intravenös verabreicht. Mithilfe einer Magnetresonanzuntersuchung wurde die Herzmuskeldicke am Anfang und am Ende der Studie gemessen.

Das Ergebnis: „Wir konnten zeigen, dass in der Etelcalcetide-Therapiegruppe die FGF23-Werte deutlich gesenkt wurden und die Herzmuskelmasse nach einem Jahr gleichblieb, während es bei PatientInnen unter Alfacalcidol-Therapie zu einer Erhöhung von FGF23 und einer weiteren Zunahme der Herzmuskelverdickung kam“, fasst Katharina Dörr zusammen. „Eine Senkung von FGF23 konnte ein Voranschreiten der pathologischen Linksventrikelhypertrophie um sechs bis acht Prozent innerhalb eines Jahres verringern. Eine effektive Therapie dieser Erkrankung könnte daher das Risiko des plötzlichen Herztodes in dieser Population, welche ohnehin bereits ein deutlich erhöhtes Herzkreislaufrisiko hat, senken.“

Die Studie wurde an der Klinischen Abteilung für Nephrologie und Dialyse an der Universitätsklinik für Innere Medizin III von MedUni Wien und AKH Wien zwischen 2017 und 2019 durch die Arbeitsgruppe von Katharina Dörr und Abteilungsleiter Rainer Oberbauer durchgeführt. Weltweit leiden etwa 850 Millionen Menschen an chronischen Nierenerkrankungen. In westlichen Ländern kommen chronische Nierenschädigungen bei etwa zehn Prozent der erwachsenen Bevölkerung vor, wobei Diabetes und Bluthochdruck die Hauptursachen dafür sind. Jährlich sterben etwa 2,4 Millionen Menschen weltweit an den Folgen chronischer Nierenerkrankungen. Die meisten Todesursachen sind kardiologischer Natur.