Covid-19: Risikogruppen bis Ende des Jahres besonders geschützt

Die Ausnahmebestimmungen für sogenannte Covid-19-Risikogruppen werden bis Ende des Jahres verlängert.

(ANÖ/APA). Das gaben Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) am Donnerstag bekannt. Die Schutzmaßnahmen für Erwerbstätige, die einer gesundheitlichen Risikogruppe angehören, wurden bisher monatlich verlängert und würden eigentlich Ende August auslaufen. Damit sollen Personen mit einem Covid-19-Risikoattest weiterhin am Arbeitsplatz geschützt werden. Sind spezifische Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz oder das Arbeiten aus dem Home-Office nicht möglich, besteht weiterhin ein Anspruch auf eine bezahlte Freistellung. „Personen, die noch im Erwerbsleben stehen und ein sehr hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, bedürfen eines besonderen Schutzes. Gerade im Herbst und Winter, wo wir steigende Infektionszahlen leider nicht ausschließen können, ist ein bestmöglicher Schutz das Gebot der Stunde“, sagte dazu Anschober. Aschbacher erklärte, es sei ihr ein „besonderes Anliegen, dass sich arbeitende Menschen am Arbeitsplatz wohlfühlen und nicht befürchten müssen, einem gesundheitlichen Risiko ausgesetzt zu sein. Diese Pandemie wird uns noch länger begleiten, daher ist es wichtig, die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz danach auszurichten“.

Zu den Risikogruppen gehören laut der seit Mai bestehenden Verordnung von Gesundheitsminister Anschober etwa Personen mit „fortgeschrittenen funktionellen oder strukturellen chronische Lungenkrankheiten, die eine dauerhafte, tägliche, duale Medikation benötigen“. Dazu zählen pulmonale Hypertonien, Mucoviscidosen und zystische Fibrosen sowie COPD im fortgeschrittenen Stadium. Auch Personen mit chronischen Herzerkrankungen mit Endorganschaden, die dauerhaft therapiebedürftig sind (etwa bei ischämischen Herzerkrankungen sowie Herzinsuffizienzen), fallen in die Risikogruppe. Als weiterer Indikator werden in der Verordnung „aktive Krebserkrankungen mit einer jeweils innerhalb der letzten sechs Monate erfolgten onkologischen Pharmakotherapie und/oder einer erfolgten Strahlentherapie sowie metastasierende Krebserkrankungen auch ohne laufende Therapie“ genannt. Auch Erkrankungen, die mit einer dauerhaften und relevanten Immunsuppression behandelt werden müssen, machen Betroffene zum Teil der Risikogruppe. Dazu zählen Knochenmarks- und Organtransplantationen, eine dauernde Kortisontherapie, eine Immunsuppression (jeweils unter bestimmten Bedingungen) und HIV mit hoher Viruslast. Auch Menschen mit einer fortgeschrittenen chronischen Nierenerkrankung (Niereninsuffizienz, Nierenersatztherapie, Nierentransplantation) werden zur Risikogruppe gezählt. Chronische Lebererkrankungen mit Organumbau und dekompensierter Leberzirrhose werden ebenso als Risiko-Indikator angeführt wie ausgeprägte Adipositas ab dem dritten Grad und einem Body-Mass-Index größer oder gleich 40. Weiters zählen Betroffene der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) zur Risikogruppe, je nach Typ der Krankheit und je nach Laborwerten und Organschäden. Als weiteren Indikator beinhaltet die Verordnung „arterielle Hypertonie mit bestehenden Endorganschäden, insbesondere chronische Herz- oder Niereninsuffizienz, oder nicht kontrollierbarer Blutdruckeinstellung“. Abgesehen von diesen genannten Fällen ist die Ausstellung eines Covid-19-Risiko-Attests nur dann zulässig, „wenn sonstige schwere Erkrankungen mit funktionellen oder körperlichen Einschränkungen vorliegen“, die einen ebenso schweren Krankheitsverlauf einer Corona-Erkrankung annehmen lassen, heißt es in der Verordnung. Die Entscheidung darüber liegt im Ermessensspielraum des Arztes. Die FPÖ sieht indes die angekündigte Verlängerung der Sonderbetreuungszeit für Eltern bis Ende Februar 2021 als Zeichen für einen zweiten Lockdown. Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch forderte die Regierung auf, „endlich mit der Wahrheit herauszurücken“.

Die Grünen begrüßten die Ankündigung von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Schulen und Kindergärten sollen aber grundsätzlich offen bleiben, betonten sie. Das bis Ende September beschränkte, bestehende Modell sieht vor, dass Arbeitnehmer drei Wochen freinehmen können, wenn sie wegen Schul-und Kindergartenschließungen keine Möglichkeit zur Betreuung von Kindern oder Behinderten haben. Ein Drittel der Lohnkosten übernimmt in diesem Fall der Staat. Rechtsanspruch gibt es allerdings keinen, es muss die Zustimmung des Arbeitgebers eingeholt werden. Angesichts auch im Herbst und Winter drohender neuerlicher Schul- oder Kindergartenschließungen war der Ruf nach einer Verlängerung der Maßnahmen laut geworden. Für Belakowitsch ist eine Sonderbetreuung ohne Rechtsanspruch eine „Mogelpackung“. Die FPÖ fordert einen Rechtsanspruch auf Sonderpflegeurlaub mit gleichzeitiger 100-prozentiger Lohnkostenübernahme. Die Grüne Bildungssprecherin Sibylle Hamann begrüßte die geplante Verlängerung. Allerdings ist den Grünen wichtig, dass dies „nur ein Angebot für den absoluten Ausnahmefall“ ist: „Es darf keinesfalls mehr so weit kommen, dass Bildungseinrichtungen großflächig und undifferenziert zugesperrt werden und Familien mit allen Bildungs-und Betreuungsaufgaben allein gelassen werden“, sagte Hamann. Im Unterschied zum Frühjahr sollen Kindergärten und Schulen auf allen Ampelstufen grundsätzlich offen bleiben. „Bildung ist ein Grundrecht für Kinder, das man nicht so einfach an- und ausknipsen kann“, so Hamann. Einschränkungen soll es nur bei bestätigten Infektionsfällen und lokal notwendigen Quarantänemaßnahmen geben.