Apothekerkammer fordert öffentliche Finanzierung für Nachtdienste

Die Bereitschaftsdienste müssten sonst reduziert werden, sagt Kammerpräsidentin Mursch-Edlmayr. Positiv wertet sie die Vereinheitlichung der Kassenleistungen in der ÖGK

(ANÖ/APA). Wien – Analog zum ärztlichen Notdienst soll auch der Bereitschaftsdienst der Apotheken aus Mitteln der öffentlichen Hand finanziert werden. Das wünscht sich Apothekerkammer-Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr von der künftigen Regierung. Als weiteren Wunsch formulierte sie im APA-Interview, dass die neue Regierung eine ganze Legislaturperiode durchhält.

Die Zusammenlegung der Krankenkassen begrüßt Mursch-Edlmayr, wenn die angekündigte Harmonisierung der Gesundheitsleistungen realisiert wird. Mit der Fusionierung der neun Gebietskrankenkassen sei „ein erster großer Schritt“ gelungen und wenn die neue ÖGK einheitliche Leistungen anbiete, bedeute das eine Vereinfachung der Abrechnung und damit einen großen Fortschritt.

Es gehe sich wirtschaftlich nicht mehr aus, dass die Apotheken den Bereitschaftsdienst selbst finanzieren, sagte Mursch-Edelmayr. Alternativ zur öffentlichen Finanzierung kann sie sich vorstellen, die Vergütung der Apothekerleistungen durch die Krankenkassen zu erhöhen. Verhandlungen darüber will die Apothekerkammer-Präsidentin mit den Vertragspartnern im kommenden Jahr führen. Sollte beides nicht möglich sein, dann müssten die Apotheken ihre Bereitschaftsdienste reduzieren, so Mursch-Edlmayr.

Bereitschaftsdienst kostet 36 Millionen jährlich

Rund 265 Apotheken in ganz Österreich leisten jede Nacht sowie an Wochenenden und Feiertagen Bereitschaftsdienste. Die Apotheken wechseln sich dabei ab, so dass jede mehrmals pro Monat an der Reihe ist. Die Kammer beziffert die Kosten dafür mit insgesamt rund 36 Millionen Euro jährlich, die die Apotheken alleine zu tragen haben.
Grundsätzlich wünscht sich die Präsidentin von der künftigen Regierung eine Stärkung der öffentlichen Apotheke vor Ort und ein Bekenntnis der Politik zur Apotheke als sicherer Gesundheits- und Arzneimittelversorger. Eine Beibehaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen sollte sich nach ihren Vorstellungen im Regierungsprogramm wiederfinden. Weiters tritt Mursch-Edlmayr für die „Implementierung der Apotheke als zentrale Versorgungsstufe im Gesundheitssystem“ ein. Derzeit werde die Apotheke im Gesundheitssystem nicht mitgedacht, sie sei aber der erste Ansprechpartner in Sachen „betreute Selbstmedikation“, die dem System nichts koste. Rund ein Drittel der Patienten komme ohne Rezept in die Apotheke, werde dort sicher und unbürokratisch beraten und notfalls zum Arzt weiter geschickt, argumentiert die Präsidentin.

Apotheken durch ärztliche Hausapotheken am Land gefährdet

Mursch-Edlmayr beharrt auch darauf, dass die ärztlichen Hausapotheken nicht den Bestand der Apotheken in ländlichen Regionen gefährden dürften. Wenn es in jeder Gemeinde mit einem Hausarzt eine Hausapotheke gäbe, dann wären über 600 öffentliche Apotheken vom Zusperren bedroht. Für Mursch-Edlmayr ist die Hausapotheke die schlechteste und am wenigsten nachhaltige Lösung. Um junge Ärzte zu motivieren, aufs Land zu ziehen, seien nicht so sehr die Einnahmen aus der Hausapotheke, sondern viel mehr die Rahmenbedingungen entscheidend. Und für die Patienten sei die Hausapotheke nur auf den ersten Blick bequem, sie habe aber nur einen Bruchteil des Sortiments einer öffentlichen Apotheke und auch geringere Öffnungszeiten. Die Apothekerkammer-Präsidentin hält diese Frage aber auch nur für ein „Nebenthema“, ihre Gesprächsbasis mit ihrem Ärztekammer-Kollegen Thomas Szekeres bezeichnete sie als jedenfalls „sehr gut und vertrauensvoll“.

„Und schließlich sollte im Niedrig-Preissektor auch eine Indexierung überlegt werden, weil manche Generika in Österreich so billig seien, dass es für den Hersteller uninteressant sei.“ (Mursch-Edlmay)

Für die Lieferengpässe bei Medikamenten erarbeitet derzeit eine Task Force bestehend aus allen wichtigen Stakeholdern Lösungen, die im kommenden Jahr umgesetzt werden sollen. Mursch-Edlmayr plädiert für eine Meldepflicht für Hersteller, bevor sich ein Engpass abzeichnet. Der Arzt müsse auch Informationen zur Lieferbarkeit eines Medikaments haben, bevor er es verschreibt. Vorstellen kann sich die Apothekerkammer-Präsidentin auch ein Exportverbot, wenn ein Versorgungsproblem droht und auch kein gleichwertiges Präparat vorhanden ist. Und schließlich sollte im Niedrig-Preissektor auch eine Indexierung überlegt werden, weil manche Generika in Österreich so billig seien, dass es für den Hersteller uninteressant sei.