ANÖ Beitrag

23. November 2019

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Ärztekammer: Stadt Wien zensiert Finanzierungsloch der Wiener Spitäler

Ungekürzte Version des KAV-Berichts offenbart Budgetengpässe – Szekeres/Weismüller: „Haben jetzt die Beweise schwarz auf weiß“

Wien (OTS) – Schockierend sind für die Wiener Ärztekammer die Inhalte der ungekürzten Fassung eines Berichts über die Gebarung, Erfolge und zukünftigen Aufgaben des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV). Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres und Wolfgang Weismüller, Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer für Wien, sprechen von einem neuen „Tiefpunkt“ der Stadt Wien in ihrer Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit, indem man versuche, die Finanzmisere und die Situation rund um die desolaten Spitäler zu verheimlichen. ****

Die der Ärztekammer vorliegende unzensierte Fassung lässt Schlimmstes befürchten: „Die Budgetansätze, mit denen gearbeitet wird, dürften nicht einmal annähernd die Grundbedürfnisse der Spitäler abdecken und nicht einmal die vakanten Dienstposten können besetzt werden, ohne dass das Budget kollabiert“, resümiert daraus Weismüller. Auch geplante Gehaltserhöhungen, um die Ärzteabwanderung zu stoppen, oder Inflationsabgeltungen seien demnach nicht im Budget bedacht.

Auch in Sachen Infrastruktur sind nur die „Erfordernisse mit höchster Priorität“ budgetiert. Weismüller: „Die dringend notwendige Erneuerung der jahrelang vernachlässigten Infrastruktur der KAV-Spitäler oder Neubauten sind nicht geplant, im Gegenzug soll die Fortführung von Mangelverwaltung, oberflächlichen Sanierungen und ad-hoc-Planungen beschlossen werden.“

Weiters kann man in der nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Risikobewertung seitens der Gemeinde Wien unter anderem folgende Passagen lesen:

„- Für das Jahr 2020 konnte aufgrund der veranschlagten Zuschüsse keine Valorisierung des Personalaufwands und keine Nachbesetzung von vakanten Dienstposten berücksichtigt werden.

– Im Bereich der Instandhaltung konnten aufgrund der finanziellen Rahmenbedingungen nur jene Erfordernisse mit höchster Priorität in die Planung aufgenommen werden. Eine Risikoerhöhung bis hin zu Gefahr in Verzug könnte zu einem ungeplanten Mehrbedarf führen.

– Die Kostendämpfung aus dem Projekt „Dreiklang“ der MA01 bringt anstatt einer jährlichen Absenkung einen Mehrbedarf lt. Angaben der MA01 von rund 60 Mio. Euro, die vom KAV nicht in der Planung aufgenommen wurden.“

Weismüller bezieht sich vor allem auf den letzten Satz: „Wenn wir allein die eine Hälfte dieser Summe für ärztliche Dienstposten und die andere für Dienstposten in der Pflege verwendeten, könnten 300 Spitalsfachärzte und ausreichend Pflegekräfte eingestellt werden.“ Geld sei offenbar ausreichend vorhanden, es müsse nur richtig eingesetzt werden.

Zudem seien in der gegenwärtigen Planung folgende Punkte nicht enthalten: die Finanzierung der Erstversorgungsambulanzen (EVA), die Optierungsmöglichkeit der vor dem 1. Jänner 2018 eingetretenen Mitarbeiter, die Abfederung der demografischen Entwicklung, der weitere Aufbau von Personal zum Abbau der Unterdeckung, die Altersteilzeit sowie die Anrechnung von Vordienstzeiten.

„Es ist unbedingt notwendig, das Budget so anzusetzen, dass das Wiener Gesundheitssystem leistungsfähig bleibt und die Versorgung der wachsenden und älter werdenden Bevölkerung gewährleistet ist. Die Mitarbeiter leisten hervorragende Arbeit, aber durch Kürzungen und vorhersehbare Budgetengpässe wird es nicht möglich sein, die nötigen Leistungen künftig zu erbringen“, betont Szekeres und meint: „Dass es den Wienerinnen und Wienern derzeit in ihrer medizinischen Behandlung noch gut geht, ist allein dem medizinischen Personal zuzurechnen, dass trotz all dieser widrigen Umstände nach wie vor hervorragende Arbeit leistet.“ Die Frage bleibe aber, wie lange das noch möglich sei.