Hauptverbandschef Biach zu Kassenkosten für Fusion: „Berechnung eigentlich nicht möglich“

Der Noch-Chef des Hauptverbands ist gegen einen „Wettlauf um die Verunsicherung“

Mit den Zahlenspielchen sei ein „Tiefpunkt in der Diskussion erreicht“, man mache damit aus einer wichtigen Debatte einen „Wettlauf um die Verunsicherung“, meinte Biach im Ö1-Mittagsjournal Fotocredit: Wirtschaftsbund Wien

(ANÖ/APA/ots/ii)Wien – Der Vorsitzende des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, Alexander Biach, kritisiert die Debatte über Kosten beziehungsweise Einsparungen im Zuge der Fusion der Sozialversicherungsträger. Mit den Zahlenspielchen sei ein „Tiefpunkt in der Diskussion erreicht“, man mache damit aus einer wichtigen Debatte einen „Wettlauf um die Verunsicherung“, sagte Biach am Donnerstag im Ö1-„Morgenjournal“.

Laut einem Gutachten der Wiener Wirtschaftsuniversität, das noch vom Sozialministerium unter der früheren FPÖ-Ministerin Beate Hartinger-Klein in Auftrag gegeben wurde, werden die Fusionskosten auf einmalig 300 bis 400 Millionen Euro geschätzt. Auf der anderen Seite werden mögliche Einsparungen von rund 300 Millionen Euro pro Jahr angegeben, allerdings erst nach fünf Jahren. Damit würde sich die von der türkis-blauen Regierung versprochene Patientenmilliarde bis 2023 nicht ausgehen. Biach erklärte nun, er würde keine einzige Zahl aus dem Gutachten unterschreiben. Die Berechnung der Fusionskosten sei eigentlich nicht möglich und auch die errechneten Einsparungen von 300 Millionen Euro pro Jahr würden vor allem die Beschaffungen betreffen. Das ginge dann aber auf Kosten der heimischen Wirtschaft. Biach plädierte dafür, das Management jetzt arbeiten und Fakten schaffen zu lassen.

Wöginger weist Ministerinin Zarfl in die Pflicht

„Die Kassenfusion bringt die Patientenmilliarde, das belegt auch eine Studie“, betonte wiederum ÖVP-Klubobmann August Wöginger am Mittwoch in einer Aussendung. „Hier entpuppt sich Sozialministerin Brigitte Zarfl, deren Kabinettchefin SPÖ-Kandidatin bei der Nationalratswahl war, als SPÖ-Parteisoldatin“, meinte er.

Gutachten sorgt weiter für Debatten

Das Gutachten zu den geschätzten Kosten bzw. Einsparungen im Zuge der Reform der Sozialversicherung hat auch am Donnerstag für Debatten gesorgt. Für die Neos ist damit bestätigt, dass die Kassenfusion ein „Marketingschmäh“ ist, FSG, SPÖ und Ärztekammer übten ebenfalls weiter Kritik an den Plänen und WKÖ und FPÖ verteidigten die Reform.

„Die von der alten Bundesregierung errechnete Einsparung von einer Milliarde Euro durch die Fusion der Gebietskrankenkassen erweist sich wohl als Wunschdenken“, reagierte Thomas Szekeres, Präsident der Ärztekammer, in einer Aussendung. „Die Patientenmilliarde muss fließen, auch wenn sich die Einsparungen bei der künftigen Österreichischen Gesundheitskasse nicht realisieren lassen“, forderte er.

Kritik kam auch von den Neos: „Die sogenannte Kassenreform ist ein einziger großer Marketingschmäh. Es war immer klar und wir haben – genauso wie Expertinnen und Experten – sofort gesagt, dass Einsparungen in dieser Höhe in der IT schlicht und einfach nicht möglich sind“, sagte Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker laut einer Aussendung.

Schlimmste Befürchtungen

Auch SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch sieht „die schlimmsten Befürchtungen in Bezug auf die Krankenkassen“ bestätigt. „Kurz und Strache wollten nur die Macht in der Sozialversicherung übernehmen. Sie haben die Vertreter der Arbeitnehmer hinausgedrängt, obwohl sie für sieben Millionen Versicherte stehen“, so Muchitsch.
Folgekosten von jährlich 800 Millionen Euro durch die Fusion befürchtet Andreas Huss, stellvertretender Vorsitzender des Überleitungsausschusses der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) von der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG). Ganz anders sieht das Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und ÖVP-Mandatar: „Ziel der Reform der Sozialversicherungsträger war von Anfang an eine effizientere und schlankere Sozialversicherung, die gleiche Beiträge für gleiche Leistungen sicherstellt. Das nun vorliegende Gutachten der Wiener Wirtschaftsuniversität zeigt, dass dieses Ziel erreicht werden kann und unterm Strich die Vorteile für die Versicherten überwiegen“, zeigte er sich überzeugt.

Auch FPÖ weist Zarfl Darstellungen zurück

FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch bekräftigte ihre Kritik an Sozialministerin Brigitte Zarfl für deren aus Sicht der FPÖ „unsachliche Anfragebeantwortung“ und forderte „parlamentarische Konsequenzen“. „Für die FPÖ ist es durchaus überlegenswert, eine Rechnungshofsonderprüfung für die laufenden Monate, in denen Frau Sektionschefin Zarfl das Sozial- und Gesundheitsministerium führt, zu beantragen“, sagte Belakowitsch.

Laut einem Gutachten der Wiener Wirtschaftsuniversität, das noch vom Sozialministerium unter der früheren FPÖ-Ministerin Beate Hartinger-Klein in Auftrag gegeben wurde, werden die Fusionskosten auf einmalig 300 bis 400 Mio geschätzt.

Die amtierende Sozialministerin Brigtte Zarfl hatte diese Zahl zuletzt in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung aus dem Gutachten zitiert, ohne weitere Details zu nennen. Auf der anderen Seite werden im Gutachten mögliche Einsparungen von rund 300 Millionen Euro pro Jahr angegeben, allerdings erst nach fünf Jahren.