BRD: Transplantationen: Transparenz und Sicherheit

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation veröffentlicht Verfahrensanweisungen zur Zusammenarbeit in allen Phasen des Organspendeprozesses.

IDie Verfahrensanweisungen wurden vom Bundesfachbeirat der Die Verfahrensanweisungen wurden vom Bundesfachbeirat der DSO zusammen mit deren Experten erarbeitet
IDie Verfahrensanweisungen wurden vom Bundesfachbeirat der Die Verfahrensanweisungen wurden vom Bundesfachbeirat der DSO zusammen mit deren Experten erarbeitet

(ANÖ/DÄB). Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer hat vor kurzem die Richtlinie zur Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls überarbeitet. Neu sind vor allem die Qualifikationsanforderungen an die diagnostizierenden Ärzte (dazu Heft 27-28/2015). Um größte Sicherheit und Qualität in allen Phasen des Organspendeprozesses bis zur Transplantation zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber auf der Basis der EU-Richtlinie 2010/53/EU der Deutschen Stiftung Organtransplantation den Auftrag erteilt, Verfahrensanweisungen für die verschiedenen zentralen Schritte der Organspende zu erstellen. Die Verfahrensanweisungen wurden vom Bundesfachbeirat der DSO zusammen mit deren Experten erarbeitet. Dem Bundesfachbeirat gehören Vertreter der Auftraggeber der DSO (Bundesärztekammer, Deutsche Krankenhausgesellschaft, GKV-Spitzenverband), des Bundesministeriums für Gesundheit, der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, der Deutschen Transplantationsgesellschaft sowie von Eurotransplant an. Außerdem waren Transplantationsbeauftragte, Intensivmediziner, Neurologen und Neurochirurgen sowie Patientenvertreter eingebunden. Die Verfahrensanweisungen dienen der Deutschen Stiftung Organtransplantation zufolge dem Ziel, das Potenzial an Organspenden im Sinne der Organspender und im Interesse der Patienten auszuschöpfen. Auf diese Weise sollten möglichst viele Patienten auf den Wartelisten mit lebenswichtigen Organen versorgt und gleichzeitig die gesundheitlichen Risiken für die Organempfänger so gering wie möglich gehalten werden. Für die Partner im Organspendeprozess sollen alle Verfahrensanweisungen Transparenz und Sicherheit in den Abläufen gewährleisten.

Nachfolgend werden von der DSO verschiedene Verfahrensanweisungen, die für die Entnahmekrankenhäuser und die Transplantationszentren von besonderer Bedeutung sind, vorgestellt.

Verfahrensanweisung zur Meldung möglicher Spender, bei denen der endgültige, nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms festgestellt worden ist .

„Die DSO steht den Krankenhäusern für alle Fragen rund um die Organspende jederzeit zur Verfügung. Solch eine allgemeine Beratung kann völlig unabhängig von einer Organspende erfolgen, häufig wird eine (mögliche) Organspende Anlass für eine Kontaktaufnahme sein. Bis zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls haben die behandelnden Ärzte die alleinige Verantwortung für alle therapeutischen und diagnostischen Maßnahmen“, erläutert die DSO.

Die Durchführung beziehungsweise Veranlassung der Untersuchungen zum Nachweis des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls ist Aufgabe des Entnahmekrankenhauses. Bei Bedarf biete die DSO dem Entnahmekrankenhaus durch die Vermittlung konsiliarisch tätiger Experten Unterstützung an.

Nach Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls gemäß der Richtlinie der Bundesärztekammer sei das Entnahmekrankenhaus verpflichtet, dies der DSO mitzuteilen, sofern keine offensichtlichen Gründe gegen eine Organspende vorliegen. Jetzt bietet die DSO dem Entnahmekrankenhaus ihre Unterstützungsangebote an: „Diese umfassen neben allen Schritten des Spendeprozesses auch die Unterstützung bei der Angehörigenbegleitung einschließlich einer Beteiligung am Angehörigengespräch, sofern dies noch nicht erfolgt ist und von den Mitarbeitern des Entnahmekrankenhauses gewünscht wird.“

Verfahrensanweisung zur Überprüfung der Einzelheiten der Einwilligung des Spenders oder der Zustimmung anderer Personen :

„Die Zustimmung des Verstorbenen, eines Angehörigen oder einer den Angehörigen gleichgestellten Person ist eine rechtlich unabdingbare Voraussetzung zur Organ- und/ oder Gewebeentnahme.“

In einem ersten Schritt sei zu prüfen, ob eine zu Lebzeiten getroffene Entscheidung der oder des Verstorbenen für oder gegen eine Organ-/Gewebeentnahme bekannt sei. Diese Entscheidung könne schriftlich oder mündlich mitgeteilt worden sein. Wenn eine Entscheidung zur Organ- beziehungsweise Gewebespende vorliege, habe der Arzt die nächsten Angehörigen über die beabsichtigte Organ- oder Gewebeentnahme zu unterrichten.

Wenn keine (schriftlich oder mündlich) getroffene Entscheidung des Verstorbenen für oder gegen eine Organ-/Gewebeentnahme vorliege, seien die nächsten Angehörigen oder eine gleichgestellte Person zu befragen. „Ziel eines jeden Gesprächs mit den Angehörigen ist es, den (mutmaßlichen) Willen des Verstorbenen zu ermitteln beziehungsweise die entscheidungsbefugte Person bei einer stabilen Entscheidungsfindung zu begleiten“, heißt es weiter. Ein Koordinator der DSO könne Unterstützung leisten, indem er die Ärzte bei dem Angehörigengespräch individuell und situationsbezogen begleite. Falls eine Entnahme eines oder mehrerer Organe und von Gewebe in Betracht komme, solle die Einholung der Zustimmung in einem Schritt erfolgen. Der gesprächsführende Arzt dokumentiere den Ablauf und das Ergebnis sowie die an der Entscheidung beteiligten Personen.

Verfahrensanweisungen zur Überprüfung des Abschlusses der Organ- und Spendercharakterisierung:

Jede Transplantation birgt der DSO zufolge neben dem grundsätzlichen immunologischen Risiko einer Abstoßung auch Risiken im Hinblick auf die potenzielle Übertragung von malignen Erkrankungen, Infektionskrankheiten, genetisch bedingten Erkrankungen oder toxischen Schädigungen. Die Anamnese, die körperliche Untersuchung sowie eine Reihe von weiteren Laboruntersuchungen und apparativen Diagnostiken würden „die Basis der Organ- und Spendercharakterisierung im Sinne des Empfängerschutzes sicherstellen. Die intraoperative Beurteilung der Organqualität durch den Entnahmechirurgen sowie die Sichtung der Organe im Empfängerzentrum durch den verantwortlichen Transplantationschirurgen komplettieren die Charakterisierung des einzelnen Organs.“

Verfahrensanweisung für die Entnahme, Konservierung, Verpackung sowie für den Transport der Organe:

Grundsätzlich dürfe die Entnahme von Organen bei verstorbenen Spendern nur in Entnahmekrankenhäusern und von erfahrenen Chirurgen durchgeführt werden, die von der DSO beauftragt sind. Die Dringlichkeit postmortaler Organentnahmen für Transplantationen entspreche der von Notfalleingriffen und erfolge nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. „Dabei ist zu jedem Zeitpunkt würdevoll mit dem Verstorbenen umzugehen und der Leichnam in angemessener Weise zu versorgen.“

Die Organe dürften ausschließlich mit Konservierungslösungen konserviert und verpackt werden, die dafür zugelassen seien. Vor der Verpackung erfolge eine Inspektion der Organe und bei Malignomverdacht werde eine histologische Untersuchung/Schnellschnitt durchgeführt. Die Organe würden dreifachverpackt und mit den jeweiligen Organbegleitpapieren in Organboxen transportiert, die mit Eis befüllt seien. Die DSO organisiert nach eigenen Angaben die Transporte in Absprache mit den Transplantationszentren: „Die Organe gehen mit Übergabe zur bestimmungsgemäßen Verwendung in die Verantwortung der Transplantationszentren über. Die Transplantationszentren sind verpflichtet, für jedes Organ eine sogenannte Quality-Form auszufüllen und nach erfolgter Transplantation an die DSO zu senden.“

Verfahrensanweisungen zur Sicherstellung der Rückverfolgung und der unverzüglichen Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und schwerwiegender unerwünschter Reaktionen:

Zum Schutz aller Empfänger ist es erforderlich, die Rückverfolgbarkeit eines jeden gespendeten Organs oder Gewebes sicherzustellen. Deshalb kann, so die Deutsche Stiftung Organtransplantation, durch ein abgestimmtes Dokumentationssystem zwischen Eurotransplant und der DSO zu jedem Zeitpunkt jedes gespendete Organ einem Empfänger sowie alle transplantierten Organe ihrem jeweiligen Spender zugeordnet werden. Dieses pseudonymisierte Dokumentationssystem sei die Basis für ein rasches Meldesystem schwerwiegender Zwischenfälle (SAE) und unerwünschter Reaktionen (SAR).

Zur Meldung von SAE und SAR seien der Transplantationsbeauftragte des Entnahmekrankenhauses, Ärzte, die bei dem Organspender die Leichenschau vornehmen oder vorgenommen haben, Behörden, in deren Gewahrsam oder Mitgewahrsam sich der Leichnam des Organspenders befinde oder befunden habe, von der Koordinierungsstelle beauftragte Dritte, der verantwortliche Arzt des Transplantationszentrums, die Vermittlungsstelle sowie Gewebeeinrichtungen verpflichtet. Die Meldung eines SAE oder SAR habe telefonisch unter der Rufnummer 0800 3767273 zu erfolgen. Später würden alle Zwischenfälle und schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen durch die DSO in Zusammenarbeit mit den Transplantationszentren, der Vermittlungsstelle und gegebenenfalls externen Experten aufgearbeitet.

Die Verfahrensanweisungen treten am 5. November 2015 in Kraft.