Steirisches Netzwerk styriamed.net als Beispiel
(ANÖ/APA). Wien – Die Ärztekammer läuft weiter gegen gesetzliche Vorgaben für die geplante Primärversorgung Sturm und will die neuen Strukturen selbst aufbauen. Präsident Artur Wechselberger und sein steirischer Kollege Herwig Lindner präsentierten am Mittwoch in einer Pressekonferenz das Netzwerk styriamed.net, in dem Ärzte in regionalen Verbünden kooperieren.

Das 2009 gegründete styriamed.net besteht derzeit in zehn der insgesamt 13 steirischen Bezirke mit je einem Netzwerk. Darin sind aktuell insgesamt 356 Arztpraxen und 15 Spitäler vereint, 209 niedergelassene Allgemeinmediziner und 147 niedergelassene Fachärzte – das sind etwa 30 bis 40 Prozent der Ärzte – versorgen mehr als 740.000 Patienten und damit 61 Prozent der steirischen Bevölkerung. Neben der alltäglichen patientenbezogenen Kommunikation tauschen sich die Ärzte auch regelmäßig in Netzwerktreffen aus, wo sie etwa auch Urlaubs- und Öffnungszeiten abstimmen.
Andere Gesundheitsberufe nicht vertreten
Christoph Schweighofer, als praktischer Arzt in Kapfenberg Mitglied im Verbund, erläuterte die unmittelbaren Vorteile für die Patienten anhand zweier Tools. Demnach ruft er im Falle einer Überweisung selbst seinen Kollegen an, um dringende Fälle zu besprechen und vermerkt auf dem Formular, ob die Untersuchung noch am selben Tag, in den nächsten Tagen oder als Routineuntersuchung auch etwas später erfolgen kann. Mittels Hausarztabfrage wird sichergestellt, dass der Hausarzt alle Befunde seiner Patienten erhält, auch wenn er sie nicht überwiesen hat. Die Entlassungsbriefe der Spitäler sind für die Ärzte leichter vergleichbar.
Im Gegensatz zu der von der Politik geplanten neuen Primärversorgung sind in diesen Netzwerken andere Gesundheitsberufe formal noch nicht vertreten. In Hartberg und Leibnitz, den beiden ersten Bezirken, in denen styriamed.net 2009 gestartet ist, sollen aber demnächst auch Pfleger und Therapeuten vertreten sein. Auch in anderen Bezirken und mit der Kammer gebe es bereits entsprechende Gespräche, berichtet Lindner. Eine Zusammenarbeit mit den anderen Gesundheitsberufen gebe es aber auch jetzt schon.
Von selbst gewachsen
Der steirische Ärztekammer-Präsident betonte, dass diese Struktur „von selbst“ aus den Bedürfnissen der Ärzte und Patienten gewachsen sei. Die einzelnen Netzwerke haben ein gemeinsames Leitbild, aber unterschiedliche Organisationsformen. Sie würden von den Ärzten selbst finanziert, dem Land oder den Krankenkassen kosten die Netzwerke kein Geld, versicherte Lindner. Ein ähnliches Modell soll auch bereits im Burgenland aufgebaut werden, entsprechende Pläne gibt es auch schon in anderen Bundesländern.
Wechselberger wünscht sich nun, dass die einzelnen Ärztekammern diese Idee in ihren jeweiligen Ländern verbreiten. Er ist sich bewusst, dass es in den verschiedenen Regionen unterschiedliche Probleme beim Aufbau geben wird und es auch unterschiedlich lange dauern werde. Er hält dieses Modell aber für besser als ein „von oben dekretiertes“ und lehnt den Gesetzesplan ab, der neben Primärversorgungszentren ebenfalls die Vernetzung bestehender ärztlicher Einrichtungen untereinander und mit anderen Gesundheitsberufen vorsieht.
Der Ärztekammerpräsident fürchtet jedoch, dass mit dem Gesetzesplan Vertragsvorgaben kommen würden, die jene Freiheit einschränken, „die die Steirer leben“. Er hat „Angst vor Administration, Restriktion und einem Machtgehabe der Politik“. Die Politik verstehe unter Primärversorgung eine Einheitsstruktur und Bürokratisierung, die Ärztekammer hingegen eine Stärkung bestehender Strukturen und Entbürokratisierung. Wechselberger äußerte die Sorge, dass falsch verstandene Primärversorgung Rückbau, Patientenferne und Zentralisierung bedeuten würde.