Ärztearbeitszeitregelung und Projekt Niere 60/20 im Fokus der Tagung der Arge Niere Österreich vom 2. bis 4.10.2015 in Seelach am Klopeinersee in Kärnten

(ANÖ). Die Arbeitsgemeinschaft Niere Österreich als Dachverband aller Nierenselbsthilfevereine der österreichischen Bundesländer vertritt alle Nieren- und Dialysepatienten sowie Nierentransplantierte Österreichs. Gastgeber der Veranstaltung ist die Interessensgemeinschaft der Dialysepatienten und Nierentransplantierten Kärntens mit Obmann Ing. Gernot Waste.

Sorge um Gesundheitssystem und Mangel an Fachärzten

ANÖ-Präsident Rudolf Brettbacher leitet die Tagung in Kärnten
ANÖ-Präsident Rudolf Brettbacher leitet die Tagung in Kärnten

Als zentrale Punkte der Tagung unterstreicht der Präsident der Arge Niere Österreich, Rudolf Brettbacher, zwei bedeutende Themen als Parameter für die Patienten: Das Ärztearbeitszeitgesetz und das Projekt „Niere 60/20“ Early Start. Bereits 2003 wurde die EU-Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG beschlossen. Schon 2004 drohte die EU der Republik Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren an, weil die Richtlinie für die Krankenanstalten nicht umgesetzt wurde. Erst 2014 beschloss der Nationalrat ein neues Ärztearbeitsgesetz. Das neue Arbeitszeitgesetz umfasst im Wesentlichen eine Reduktion der Wochenarbeitszeit auf maximal 48 Wochenstunden. Allerdings: Bis 2021 können sich Ärzte freiwillig verpflichten Mehrstunden zu leisten. “Eine Garantie, frisch erholte Ärzte vorzufinden” gibt es also nicht, stellt der Präsident der Arge Niere Österreich, Rudolf Brettbacher,  fest. Die Beschränkung der Wochenarbeitszeit ist für alle Ärzte dieselbe, wodurch sie zu einem organisatorischen Albtraum wird. Die Arbeitszeit ist verringert, die Belegschaft allerdings nicht erweitert worden. Man möchte die politisch Verantwortlichen fragen: Wie soll das funktionieren?  Über viele Jahre hinweg wurden anscheinend zu wenige Nephrologen ausgebildet, obwohl ausreichend Ausbildungskapazität vorhanden war und ist. Der Mangel an Fachpersonal, welcher nicht durch Rekrutierung aus anderen Ländern kompensiert werden kann, wird spätestens durch die anstehenden Pensionierungen dazu führen, dass in der derzeitigen Organisationsstruktur nicht mehr alle Dialysestandorte gesetzeskonform betrieben werden können.  Als Akutmaßnahme sollten daher organisatorische Änderungen diskutiert werden, fordern die Vertreter der Arge Niere Österreich. Unabhängig davon muss die Ausbildungskapazität voll ausgeschöpft werden, da ansonsten in Anbetracht der 6-jährigen Ausbildungszeit, spätestens ab 2021, ein Mangel an Nephrologen droht, der nicht mehr kompensiert werden kann.

Projekt Niere 60/20 – Die Niere in Österreich galt lange als „vergessenes Organ“

Ing. Gernot Waste, Obmann der Interessensgemeinschaft der Dialysepatienten und Nierentransplantierte Kärntens ist Gastgeber der Herbstkonfernez der ANÖ
Ing. Gernot Waste, Obmann der Interessensgemeinschaft der Dialysepatienten und Nierentransplantierte Kärntens ist Gastgeber der Herbstkonferenz der ANÖ

Als Teil des 60/20 Konzepts wird bei einer Restfunktion von 20% eine umfassende Aufklärung über die Möglichkeiten der Nierenersatztherapie (NET) vermittelt, basierend auf einem neuen umfassenden Aufklärungsbogen entwickelt von der Arge Niere Österreich (ANÖ) und der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie (ÖGN). Des Weiteren beinhaltet das 60/20 Konzept ein klares Überweisungsschema. Ein Dossier beleuchtete zunächst die derzeitige Vorsorge und Versorgung der “österreichischen Niere” – Schwachstellen sollen ausfindig gemacht, konkrete Forderungen an die Politik gestellt und Lösungsansätze aufbereitet werden. Das unter führenden Experten akkordierte Dossier diente als Basis für die weiteren Bemühungen – eine Erhöhung der Anzahl nephrologischer Einrichtungen, mehr nephrologische Versorgungsleistung im extramuralen Bereich sowie eine Steigerung der öffentlichen Aufmerksamkeit für die Nephrologie und eine adäquate Bewertung im intramuralen Bereich (LKF-Punkte). Beurteilt wurde auch das ökonomische Einsparungspotenzial. Das Projekt „Niere 60/20“ und seine Verankerung in den Landeszielsteuerungsverträgen bedeutet eine optimierte Versorgung mit klarem Augenmerk auf Qualität und Effizienz am Best-Point-of-Service für den Patienten.

Links:

>>>Interview mit Rudolf Brettbacher mit Nephro Tirol

>>>Interessensgemeinschaft der Dialysepatienten und Nierentransplantierten Kärntens