Die Sozialversicherungen sollen ohne Hilfe der Politik wieder ins Plus kommen, sagt der Vorsitzende des Hauptverbandes

(ES/APA). Wien – Der Vorsitzende im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Peter McDonald, will die wieder ins Minus gerutschten Krankenkassen ohne Hilfe der Politik auf Kurs bringen. Im APA-Interview verwies er darauf, die Medikamentenkosten senken zu wollen: „Wir wollen versuchen, damit eine ausgeglichene Gebarung zu erreichen.“
Beitragserhöhungen zur Schließung des für heuer prognostizierten Defizits von fast 130 Millionen Euro schließt McDonald aus. Er verweist darauf, dass Österreich mit rund 35 Milliarden Euro insgesamt schon sehr viel Geld im europäischen Vergleich im Gesundheitssystem investiert. Auf die Frage, ob man den früher mit 100 Millionen und nach einer kurzen Auszeit nun mit zehn Millionen Euro wieder dotierten Strukturfonds aufstocken sollte, sagte McDonald: „Natürlich wäre es hilfreich, ein stärkeres Steuerungsinstrument zu haben, aber es ist auch nicht das Allheilmittel.“
Höhere Kosten für Medikamente
Ein großes Problem seien die Medikamentenkosten, die mit einer prognostizierten Steigerung von 8,1 Prozent für heuer eine Lücke von mehr als 120 Millionen Euro ins Budget reißen. Mit der Pharma-Industrie wurde dazu bereits ein Paket ausverhandelt, das 125 Millionen Euro bringen soll, das aber von den Firmen nicht angenommen wurde. McDonald würde auch ein Alternativmodell akzeptieren, wenn es den gleichen Betrag bringt. Er will jedenfalls den partnerschaftlichen Weg weiter gehen und hofft immer noch auf eine vertragliche Lösung. Wenn das aber nicht gelingen sollte, wäre die Politik gezwungen, aktiv zu werden. Ob dann eine gesetzliche Regelung kommen würde, wäre Angelegenheit der Politik.
Gegen Sozialmissbrauch
Mc Donald will zudem die Mittel effizienter einsetzen. Er habe in seinem Haus bereits den Auftrag erteilt, gemeinsam mit den Sozialversicherungsträgern entsprechende Potenziale zu analysieren und zu heben. Weiters verweist der Vorsitzende auf die ab 2016 geltenden Maßnahmen gegen Sozialmissbrauch im Gesundheitswesen. Von ausländischen Kassen habe man für die Behandlung von ausländischen Patienten von insgesamt 25 Millionen Euro an Außenständen bisher 15 Millionen wieder eingebracht. Mit einer strukturierten Betreuung von chronisch Kranken wie etwa Diabetes-Patienten will man nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen verbessern, sondern auch die Ausgaben senken.
Reform bei der Vorsorge
Der Sozialversicherungs-Chef kündigte eine Reform der Vorsorge-Untersuchung an, die von mehr als einer Millionen Menschen pro Jahr in Anspruch genommen wird. Der Patient soll dabei künftig auch eine Anleitung bekommen, wie er selbst etwas dazu beitragen kann, seinen Gesundheitszustand zu verbessern. Man sei hier in den Gesprächen mit der Ärztekammer zwar auf einem guten Weg, aber die Maßnahmen seien noch nicht ausdiskutiert. Auch bei den Ärzte-Honoraren spießt es sich: „Die finanzielle Komponente hat stets eine sehr hohe Priorität für die Ärztekammer.“
Die Etablierung der neuen Primärversorgung im Zuge der Gesundheitsreform dauert auch Hauptverbands-Chef Peter McDonald zu lange. „Ich bin ein ungeduldiger Mensch. Mir geht auch die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems zu langsam.“ Er verweist auf die schon gestarteten Pilotprojekte und betont, dass es in erster Linie darum gehe, die Qualität der Versorgung für die Patienten zu steigern. Dies soll mit einer ganzheitlichen Betreuung durch eine Vernetzung der Ärzte untereinander und mit anderen Gesundheitsanbietern, mit einer besseren Erreichbarkeit und längeren Öffnungszeiten für die Patienten erreicht werden. Die Entlastung der überfüllten Ambulanzen steht dabei für McDonald nicht an erster Stelle.
Gegen Ambulanzgebühr
Die Servicequalität in den Ambulanzen zu heben und die Wartezeiten zu reduzieren will er dadurch erreichen, dass es weniger Weiterüberweisungen geben soll. Die schon einmal gescheiterten Ambulanzgebühren will der Hauptverbands-Chef nicht wieder einführen. Generell erhofft sich McDonald von der Reform eine Senkung der Spitalsaufenthalte, bei denen Österreich mit 28 pro 100 Einwohnern deutlich über dem europäischen Schnitt von 17 liegt. Der Ärztekammer, die Angst hat in der Vertragsgestaltung für die Primärversorgung ausgebootet zu werden, empfiehlt McDonald, die Angelegenheit „weniger institutionell“ zu sehen. Es gehe darum, die Ärzte zu unterstützen, damit sie ergänzende Formen der Zusammenarbeit leben können. Für die von der Ärztekammer geforderten zusätzlichen Kassenstellen kann der Hauptverbands-Chef kein Notwendigkeit erkennen. Er betont, dass Österreich eine der höchsten Ärztedichten in Europa habe.
Für Mystery-Shopping
Auch die Aufregung der Ärztekammer gegen das sogenannte Mystery Shopping mit Test-Patienten zur Überprüfung ärztlicher Leistungsverrechnungen kann McDonald nicht nachvollziehen. Die Sozialversicherung habe die Verantwortung, dass mit dem Geld der Versicherten sorgsam umgegangen werde. Außerdem gebe es schon seit 1998 solche Kontrollen gemeinsam mit dem Verein für Konsumenteninformation. HNO-Ärzte hätten etwa beim letzten Test mit Mystery Shoppern sehr gut abgeschnitten. Das von der Ärztekammer geforderte Foto auf der E-Card statt der beschlossenen Ausweiskontrollen will McDonald mittelfristig nicht ausschließen. Er habe Experten beauftragt zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen dies möglich wäre. Für ihn ist müsste dabei jedenfalls der Nutzen die Kosten überwiegen. Und die Kosten von 61,50 Euro für den Personalausweis wären jedenfalls nach Ansicht des Hauptverbands-Chefs für die E-Card nicht vertretbar.
Bei der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA), die nach mehreren Verschiebungen nun im Dezember in ersten Spitälern in Wien und der Steiermark starten soll, hätte sich McDonald von Anfang an „mehr Elan“ gewünscht. Nun geht er aber davon aus, dass dieser Start ohne Probleme über die Bühne gehen wird. Er versichert jedenfalls, „Druck“ zu machen. Gleichzeitig betont er aber, dass das System für die Ärzte im täglichen Einsatz brauchbar sein müsse.