Gesundheitsministerin will Patientenströme von Spitalsambulanzen weglenken

(ES/APA). Wien – Zwar geht die Gesundheitsreform nur langsam voran, aber ein Grund dafür dürfte sein, dass es noch immer keine gesetzlichen Grundlage für die Primärversorgungszentren gibt: Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) nannte am Donnerstag im Ö1-„Morgenjournal“ die Eckpunkte für ihren Gesetzesentwurf. Niedergelassene Ärzte sollen künftig mit Therapeuten und Pflegefachkräften und zum Beispiel auch Sozialarbeitern in ganztägig geöffneten Versorgungszentren zusammenarbeiten und damit die Patientenströme von den teuren Spitalsambulanzen weglenken. Heikelster Punkt: Die Sozialversicherung soll Leistung und Honorierung in Einzelverträgen pro Zentrum abschließen. Das lehnt die Ärztekammer aber ab – deswegen wird verhandelt.
Umfassende Betreuung als Ziel
Oberhauser ist jedenfalls bestrebt, dass in den Zentren eine umfassendere Betreuung als in Gruppenpraxen erfolgt. Außerdem soll es durch lange Öffnungszeiten für Patienten attraktiver sein, dort Rat zu suchen und nicht in den teuren Spitalsambulanzen. Den Ärztinnen und Ärzten soll die Zusammenarbeit die Möglichkeit bieten, etwa auch in Teilzeit zu arbeiten oder vor allem auf dem Land nicht rund um die Uhr erreichbar sein zu müssen. Oberhauser auf Ö1: „Ein multiprofessionelles Team soll im Gesetz definiert werden.“
Dazu gehören für sie ein Allgemeinmediziner, eine Ordinationshilfe und ein diplomierter Gesundheits- und Krankenpflegeberuf. Das Team muss ein genaues Konzept vorlegen, die Sozialversicherung entscheidet dann in einem Ausschreibungsverfahren, welcher Bewerber den Kassenvertrag bekommen. Wobei das Primärversorgungszentrum rechtlich als eine juristische Person auftritt, es muss also zum Beispiel als GmbH oder Verein gegründet werden.
Verhandlungen stehen an
Heikelster Punkt dürfte laut „Morgenjournal“ sein, dass die Sozialversicherung die genauen Leistungen und deren Honorierung in Einzelverträgen mit den jeweiligen Primärversorgungszentren festlegen soll. Die Ärztekammer hat solche Einzelverträge bisher als nicht hinnehmbar abgelehnt, weil sie damit in die Gestaltung der Verträge nicht eingebunden wäre.
Oberhauser erwartet daher auch, dass die Verhandlungen mit der Ärztekammer über den Gesetzesentwurf nicht einfach werden, zeigt sich aber optimistisch. Zusätzliche Kassenstellen soll es nur zur Beginn der Umsetzung geben. Langfristig sollen möglichst viele Kassenverträge niedergelassener Ärzte durch Primärversorgungszentren ersetzt werden – freilich auf freiwilliger Basis, wie die Gesundheitsministerin betont. Der detaillierte Gesetzesentwurf soll in zwei bis drei Wochen fertig sein, dann beginnen die Verhandlungen mit der Ärztekammer, der Sozialversicherung, den Ländern und dem Koalitionspartner ÖVP, mit dem der Entwurf noch nicht akkordiert ist.
Zentren sollen bis Ende 2016 stehen
Oberhauser hofft, dass das Gesetz noch heuer im Parlament beschlossen wird. Mit Ende 2016 soll ein Prozent der Bevölkerung über Primärversorgungszentren behandelt werden, so das Ziel der Gesundheitsministerin. Bis jetzt gibt es erst ein Zentrum in ganz Österreich, in Wien-Mariahilf.