Die Bundesärztekammer hat eine neue Richtlinie zur Hirntoddiagnostik vorgelegt. Sie war zuletzt 1997 überarbeitet worden. Verstärktes Augenmerk legen die Autoren darin auf die Qualifikation der Ärzte, die den Hirntod feststellen. Mit der Leitlinie wollen die Experten auch möglichen Ängsten und Verunsicherungen im Umgang mit dem sensiblen Thema begegnen.

Welche Ärzte qualifiziert für die Beurteilung eines Hirntods sind, wurde nun klarer definiert. Demnach müssen sie neben einer mehrjährigen Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit akuten schweren Hirnschädigungen über eine entsprechende Facharztanerkennung verfügen. Neu ist auch, dass mindestens einer der zwei Ärzte, die zur Beurteilung herangezogen werden müssen, ein Neurologe oder Neurochirurg sein muss. Zudem haben moderne Untersuchungen wie die Duplexsonografie und CT-Angiografie, die den irreversiblen Funktionsausfall des Gehirns bestätigen können, Eingang Hirntoddiagnostik in die Richtlinie gefunden.
Umstrittener Todesbegriff
Den Begriff Hirntod vermeiden die Autoren. Stattdessen verwenden sie den Begriff des „irreversiblen Hirnfunktionsausfalls“. „Der umgangssprachliche Begriff Hirntod hat in der Vergangenheit zu Missverständnissen geführt“, begründet Professor Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer diese Entscheidung im deutschen Ärzteblatt. Wie schwierig der Umgang mit dem Begriff Hirntod ist, zeigt auch die jüngste Stellungnahme des Deutschen Ethikrats. Selbst dort konnte man sich auf keine gemeinsame Aussage einigen. Während die meisten Mitglieder der medizinischen Definition folgen, derzufolge der Hirntod tatsächlich mit dem Tod des Menschen gleichzusetzen ist, vertritt eine Minderheit eine andere Haltung: Sie ist der Auffassung, dass der Hirntod kein Kriterium für den Tod ist, da der Organismus (wenn auch mit intensivmedizinischer Unterstützung) noch über vielfältige Funktionen wie beispielsweise der Herzfunktion verfügt. Unstrittig ist im Ethikrat aber, dass ein irreversibler Hirnfunktionsausfall eine ausreichende Voraussetzung für die Entnahme von Organen darstellt.
Angstbesetztes Thema
Um das Thema Hirntod entbrennen immer wieder Diskussionen. So hat zuletzt im Dezember 2014 ein Fall im Raum Bremen aufsehen erregt. Dabei war bereits mit der Organentnahme zu Transplantationszwecken begonnen worden, obwohl die Hirntoddiagnostik noch nicht vollständig abgeschlossen war. Fälle wie dieser schüren Ängste von Menschen, die sich scheuen, einer Organspende zuzustimmen, weil sie fürchten, von der Entnahme etwas mitzubekommen oder sogar vorzeitig als tot erklärt zu werden. „Unser Ziel ist es, das Vertrauen in die richtlinienkonform durchgeführte Todesfeststellung weiter zu stärken“, sagt Montgomery im Deutsche Ärzteblatt. Dazu müssten Ärzte auf verständliche und nachvollziehbare Weise erklären, was der irreversible Hirnfunktionsausfall bedeutet, um möglichen Unsicherheiten und Ängsten in diesem sensiblen Bereich der Intensivmedizin entgegenzutreten. „Wer den irreversiblen Hirnfunktionsausfall als sicheres Todeszeichen versteht, kann seine Entscheidung zur Organ- oder Gewebespende dann informiert treffen.“
Streng geregeltes Prozedere
Der grundsätzliche Ablauf der Hirntoddiagnostik bleibt auch in der überarbeiteten Richtlinie unverändert. Nach wie vor müssen dafür zwei qualifizierte Ärzte den Hirntod des Organspenders unabhängig voneinander feststellen. Beim Hirntod sind sämtliche Funktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms erloschen.
Soll im Anschluss eine Organentnahme stattfinden, dürfen die beurteilenden Ärzte weder an der Entnahme der Organe noch an deren Transplantation beteiligt sein oder der Weisung eines an der Transplantation beteiligten Arztes unterstehen.
Mehrfache Prüfung
Bevor der Hirntod festgestellt werden kann, müssen die Ärzte ausschließen, dass die Patienten nicht lediglich in einer tiefen Bewusstlosigkeit liegen, die eine behebbare Ursache hat – beispielsweise Drogen oder Unterkühlung. Festgestellt wird der Hirntod dann, wenn eine Reihe bestimmter Reflexe, wie beispielsweise die Reaktion der Pupille auf Licht fehlt und wenn der Atemreflex beim Ausschalten der Beatmungsmaschine nicht anspringt. Diese Untersuchungen müssen in bestimmten zeitlichen Abstand noch einmal vorgenommen werden. Eine weitere Option sind Untersuchungen, die die Hirndurchblutung und Hirnaktivität messen. Ein eindeutiges Zeichen für den Hirntod ist das komplette Fehlen einer Durchblutung des Gehirns.