2020 könnten in Europa 200.000 Ärzte fehlen

Spitalsärzte warnen bei einer Tagung in Wien vor wachsenden Schwierigkeiten. Sozialminister Hundstorfer kritisierte das Nein der Ärztekammer zur Neuregelung der Arbeitszeiten in Wiens Spitälern.

Laut Prognosen würden im Jahr 2020 europaweit 200.000 bis sogar 300.000 Mediziner fehlen. Migrationsbewegung von Ost nach West
Laut Prognosen würden im Jahr 2020 europaweit 200.000 bis sogar 300.000 Mediziner fehlen.
Migrationsbewegung von Ost nach West

(ES/DP). Die Reduktion der Arbeitszeiten von Spitalsärzten, wonach eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten werden darf, erhitzt weiter die Gemüter. Vertreter der europäischen Spitalsärzte haben am Freitag bei einer Tagung in Wien mit einer Resolution die unbedingte Einhaltung der EU-Arbeitszeitrichtlinie gefordert. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) bekräftigte in seinem Vortrag, dass die in Österreich geltende Opt-out-Regelung nur mehr bis 2021 ein Ausscheren erlaubt. Im Gespräch mit der „Presse“ äußerte er danach sein Unverständnis über die Ablehnung der neuen Arbeitszeitlösung für Spitalsärzte in Wien, die nun sogar zu einem Streik führen könnte.

Bei der Tagung der europäischen Spitalsärzte, die noch bis morgen, Samstag, in Wien beraten und diskutieren, wurde aufmerksam gemacht, dass die Verkürzung der Arbeitszeiten das Problem des Ärztemangels verschärfen werde. Laut Prognosen würden im Jahr 2020 europaweit 200.000 bis sogar 300.000 Mediziner fehlen.
Migrationsbewegung von Ost nach West

Der Obmann der Bundeskurie der Angestellten Ärzte, Harald Mayer, zugleich Gastgeber des Kongresses, hält die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit für einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Allerdings würde sich bei den Ärzten, wenn sich an den Arbeitsbedingungen nichts ändere, die Migrationsbewegung von Osten nach Westen noch verstärken. Es handle sich daher um ein gesamteuropäisches Problem. Ähnliche Bedenken äußerte der Präsident des Europäischen Verbandes der Leitenden Ärzte, Joao de Deus: Die Ärzte würden dorthin wandern, wo es attraktivere Arbeitsbedingungen gebe.

Sozialminister Hundstorfer sieht den in Österreich eingeschlagenen Weg, mit dem die Reduktion der Arbeitszeit Schritt für Schritt umgesetzt werde, als positiv an. Er zeigte sich in seinem Vortrag bei der Tagung auch zuversichtlich, dass die Regelung letzlich in allen Bundesländern umgesetzt wird.

Im Gespräch mit der „Presse“ machte er anschließend aber aus seiner Verärgerung über die Ablehnung des Modells durch die Ärztevertreter in Wien kein Hehl und stellte sich damit voll hinter die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ). „Ganz verstehe ich es nicht“, meinte er bewusst zurückhaltend in Richtung Ärztekammer. Denn die Stadt Wien habe bei den ursprünglich kolportierten Plänen für eine Reduktion des Personals um bis zu 350 Posten zurückgesteckt. „So wird das nicht sein“, versicherte der Sozialminister. Dass man allerdings Auswirkungen auf das Personal „immer wieder überprüft ist ja logisch“.