Die Reaktivierung der Hepatitis B (HBV) unter Chemotherapeutika kann schwerwiegende Komplikationen bis zu einem lebensbedrohenden fulminanten Leberversagen zur Folge haben.
(ES/DÄB). HBsAg-positive Patienten und solche mit durchgemachter Hepatitis B (HBsAk-positive oder auch nur Anti-HBcAk-positive, die wegen eines Lymphoms eine Rituximab-basierte Chemotherapie erhalten, haben ein deutlich erhöhtes Risiko für eine HBV-Reaktivierung und sollten deshalb vor einer geplanten Rituximab-Therapie auf HBV getestet werden.
Bei einer Reaktivierungsprophylaxe mit Lamivudin entwickeln sich teilweise rasch Resistenzen. In einer Phase-III-Studie ist nun die Wirksamkeit des potenteren Nukleosidanalogons Entecavir im Vergleich zu Lamivudin untersucht worden. HBsAg-positive Patienten mit einem diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom, die Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednison (R-CHOP) alle zwei oder drei Wochen erhalten sollten (n = 534), wurden im Rahmen einer Substudie randomisiert zusätzlich mit einmal täglich 0,5 mg Entecavir (n = 61) oder 100 mg Lamivudin (n = 60) behandelt. Die Patienten hatten zuvor keine antiretroviralen Medikamente erhalten, hatten eine normale Leberfunktion und die HBV-DNA lag unter 106 Kopien/mL. Die Therapie begann eine Woche vor dem ersten R-CHOP-Zyklus und endete sechs Monate nach dem letzten.
Eine HBV-assoziierte Hepatitis (3-facher Normwert oder Erhöhung auf 100 > ALT U/L; primärer Endpunkt) wurde bei keinem Patienten unter Entecavir und bei 13,3 % Patienten unter Lamivudin nachgewiesen. Eine Reaktivierung der HBV (10-fache Erhöhung oder Erhöhung auf 105 HBV-DNA-Kopien/mL; sekundärer Endpunkt) trat bei 6,6 % der Patienten unter Entecavir und 30,0 % unter Lamivudin auf. Die Chemotherapie musste deswegen bei 1,6 % vs. 30,0 % der Patienten unterbrochen werden. Bei 37,5 % der Patienten in der Lamivudin-Gruppe mit HBV-assoziierter Hepatitis kam es nach Ende der antiviralen Therapie zu einer BHV-Reaktivierung B. Unter Entecavir gab es keine späte Reaktivierung.
Fazit: „Mit Entecavir kann bei den meisten Lymphompatienten unter R-CHOP eine HBV-Reaktivierung verhindert werden“, kommentiert Prof. Dr. med. Jörg Petersen, ärztlicher Leiter des Leberzentrums Hamburg am ifi-Institut für interdisziplinäre Medizin das Studienergebnis. „Es zeigt sich aber auch, dass alle Patienten vor einer immunsuppressiven Therapie jeglicher Art auf Hepatitis B getestet werden sollten: zum einen auf HBs-Antigen als Zeichen einer Hepatitis-B-Infektion, zum anderen auf Anti-HBc-Antikörper, als Zeichen einer durchgemachten HBV-Infektion, bei der nach wie vor virales Erbgut in den Hepatozyten vorliegt. Eine durchgemachte Hepatitis B kann nicht alleine durch Anti-HBs-Antikörper diagnostiziert werden. Bei Anti-HBsAg-positiven Patienten sollte vor Immunsuppression Entecavir eingesetzt werden, bei Patienten, die nur Anti-HBc-positiv sind, könnte Lamivudin ausreichen.“