Vor kurzem als Erfolg gefeiert, könnte das zwischen Ärztekammer und Stadt Wien paktierte Gehaltsschema an der Zustimmung der Gremien scheitern

(ES/APA). Wien – Es scheint eine hitzige Debatte in der Kurie der angestellten Ärzte der Wiener Ärztekammer gewesen zu sein. Die Abstimmung über die mit dem Krankenanstaltenverbund getroffene Vereinbarung in Sachen Ärztearbeitszeitgesetz ist gescheitert, weil die sozialdemokratische Fraktion die Sitzung frühzeitig verlassen hat. Detail am Rande: Ärztekammerchef Thomas Szekeres, der die Rahmenbedingungen für das neue Ärztearbeitszeitgesetz mit der Stadt Wien verhandelt hatte, ist Fraktionsführer der sozialdemokratischen Ärzte.
„Stimmung war gespalten“
Im STANDARD-Gespräch widerspricht er den Darstellungen. Es sei unfair, das Scheitern der Abstimmung einer einzelnen Fraktion zuzuschieben, es sei nur knapp über die Hälfte der Kurienmitglieder anwesend gewesen, einige hätten früher wegmüssen – auch er selbst. Aber: „Die Stimmung war gespalten“, räumt Szekeres ein. Nicht alle Ärzte werten das Ergebnis als Verhandlungserfolg. Anfang der Woche war bekanntgeworden, dass durch die Neuregelung der Nachtdienste bis 2018 insgesamt 382 Stellen gestrichen werden sollen. Diese Reduktion rufe Unsicherheit hervor, sagt Szekeres. Dabei sei das nur mit Begleitmaßnahmen möglich, wie etwa weniger Patientenaufkommen in der Nacht und allgemeinen Notaufnahmen.
„Pseudoreform“
Norbert Howanietz von der Fraktion „Kammer light“ in der Wiener Kammer kritisiert, es handle sich um eine „Pseudoreform“, entstanden unter „wirtschaftlichem Diktat“. Auch von den geforderten Begleitmaßnahmen ist der Ärztevertreter nicht überzeugt. Er fragt sich etwa, wie eine zentrale Notaufnahme funktionieren soll, wenn bereits jetzt viele Stellen ausgeschrieben seien, ohne nachbesetzt werden zu können. Labormediziner Wolfgang Weismüller von der Fraktion „Wahlgemeinschaft“ sieht das nicht ganz so pessimistisch. In den kommenden Wochen würden die ersten „Umsetzungsworkshops“ am Kaiser Franz-Josef-Spital und dem Krankenhaus Hietzing stattfinden. Davon werde abhängen, wie die Zustimmung der Ärzte bei der Urabstimmung Anfang März ausfallen wird.
Keine Nachverhandlungen
Egal wie, Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) richtet bereits vorab aus: Nachverhandlungen wird es keine geben. Auch wenn Kurie und KAV-Ärzte gegen die Einigung stimmen, müsse die 48-Stunden-Regelung umgesetzt werden, trotz Lohnverlusten.
Szekeres lässt das nun rechtlich prüfen, denn ohne Zustimmung der Ärzteschaft gelte seine Unterschrift nicht. „Die Stadt Wien kann nicht alle Ärzte vor den Kopf stoßen.“ Doch weil die Stadt Wien Dienst- und Gesetzgeber sei, könne sie tun und lassen, was sie wolle, gibt sich der Ärztekammerpräsident ungewohnt pessimistisch.
Tabubruch Rufbereitschaft
Andere Front, andere Stimmungslage. Am Wiener AKH ist man von einer Einigung in Sachen Ärztearbeitszeit weit entfernt, hier gilt für Szekeres aber das Prinzip Hoffnung. Auf „Personalaufstockungen“ etwa. In dem Verhandlungspapier, das man am Freitag an die Belegschaft versendet hat und am Mittwoch in einer Betriebsversammlung besprechen will, steht davon freilich nichts.
Dafür gilt als fix, dass es weniger Nachtdienste, aber mehr Rufbereitschaften geben wird. Das heißt: Weniger Ärzte müssen anwesend, aber innerhalb kürzester Zeit einsatzfähig sein. In einigen Bereichen wie im Labor ist das üblich. Streitpunkt ist aber auch hier die Bezahlung, die bei etwa 100 Euro pro Dienst liegt. Lange war die Rufbereitschaft für die Ärztekammer ein Tabu, jetzt scheint man damit leben zu können. Ob das bei den Ärzten gut ankommt, wird sich am Mittwoch zeigen.