Wiener AKH: „Operationstermine regelmäßig verschoben“

Die Qualität der Patientenversorgung sei „äußerst gefährdet“, warnen Primarärzte. Wartezeiten von zwei Monaten würden zum Standard.

"Die Ärzte verdienen wie die Ober in der Gastronomie. Sie bekommen ein geringes Grundgehalt, das 'Trinkgeld' waren für sie bisher die Nachtdienste."
„Die Ärzte verdienen wie die Ober in der Gastronomie. Sie bekommen ein geringes Grundgehalt, das ‚Trinkgeld‘ waren für sie bisher die Nachtdienste.“

(ES/DP). Das Wiener AKH kämpft mit erheblichen Kapazitätsproblemen infolge der neuen Dienstzeitenregelung für Ärzte. Das zeigt ein Schreiben aus dem Gremium der Primarärzte des AKH an Rektor, AKH-Direktion, Vertreter des Wissenschaftsministeriums und an mehr als 50 Klinik- und Abteilungsleiter. Darin heißt es: „Es besteht kein Zweifel, dass seit der Einführung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz sich die Qualität der Versorgung im Bereich des AKH dramatisch verschlechtert hat. Dieses haben die diversen Klinikvorstände und Abteilungsleiter in unzähligen Wortmeldungen (…) vorgebracht (…).“

Nun sei trotz Bemühungen der Ärzteschaft die Qualität der Patientenversorgung „äußerst gefährdet und mehr als nur infrage gestellt“, heißt es in dem Papier weiter. Im Detail wird genannt: „Etwa 50 Patienten (allein im Thoraxchirurgie-Bereich 30) müssen regelmäßig jede Woche in ihrem Operationstermin verschoben werden, was unweigerlich zu einer katastrophalen Warteliste führt (…).“
Wartezeiten von zwei Monaten

Ein weiters Beispiel: Auf der Strahlentherapie müssten Patienten bereits Wartezeiten von zwei Monaten allein nur für einen Vorstellungstermin in Kauf nehmen. Dies führe zu einer „schwerwiegenden Verletzung gegenüber internationalen Richtlinien“ in der Patientenversorgung. Unfallchirurgie, Notfallaufnahme, Geburtshilfe und Gynäkologie sowie Kardiologie würden sich „jenseits ihrer Leistungsfähigkeit bewegen, wenn sie sich gesetzeskonform unter Bedachtnahme auf optimale Qualität“ verhalten wollten.

Ein Abteilungsleiter am AKH, der namentlich nicht genannt werden wollte, erklärte die Situation an Österreichs größter Spitals- und Wissenschaftseinrichtung folgendermaßen: „Man muss zwei Probleme klar trennen: Gehälter und Strukturen.“ Konkret: „Die Ärzte verdienen wie die Ober in der Gastronomie. Sie bekommen ein geringes Grundgehalt, das ‚Trinkgeld‘ waren für sie bisher die Nachtdienste.“ Fallen diese weg, müsste man das ausgleichen. Das AKH sei „die letzte Institution“, für die es bisher keine Einigung gebe. „Ich habe noch nie einen derartigen Grad an Demotivation bei den Kollegen gesehen.“ Zweitens brauche es strukturelle Änderungen samt Sicherstellung der Ärzte-Personalressourcen mit einem Ausgleich der nunmehr fehlenden Kapazitäten sein.

Auch ein leitender Arzt vom AKH gab am Mittwoch eine Stellungnahme ab: „Es gibt in allen Operationsbereichen ständig OP-Verschiebungen.“ Und: „Es fehlt das Personal für die Auf- und die Draufsicht in der Ausbildung der Fachärzte. In der Ambulanz steht ein in Ausbildung befindlicher Arzt.“

Wetzlinger: Ärztliche Besetzung am Tag geringer

„Tatsache ist, dass die Besetzung am Tag geringer ist“, bestätigte der neue AKH-Direktor Herwig Wetzlinger am Mittwoch die Situation. Grund sei, dass die Verhandlungen über eine Neufassung der Betriebsvereinbarung zwischen Rektor Wolfgang Schütz und dem Betriebsrat noch keine Einigung gebracht hätten. Man könne organisatorisch wohl erst nach einem Abschluss weitere Maßnahmen setzen. Mit im Spiel ist das Wissenschaftsministerium, weil die Ärzte der Universitätskliniken Angestellte des Ministeriums sind.

Im Rektorat wollte man zu dem Brief keine Stellungnahme abgeben. „Wir kommentieren interne Schreiben nicht öffentlich. Wir sind mitten in Verhandlungen“, erklärte am Dienstagnachmittag ein Sprecher.