Extreme Kühlung vervielfacht Haltbarkeit von Spenderlebern

Spenderorgane sind weltweit knapp, Hundertausende Menschen warten auf eine rettende Transplantation. Ein großes Problem liegt in der kurzen Haltbarkeit der Körperspenden. US-Mediziner haben nun ein neues Verfahren entwickelt – es könnte die Lagerfähigkeit drastisch verlängern.

Nach 72-stündiger Lagerung überlebten alle Empfängertiere mindestens drei Monate. Bei Konservierung von 96 Stunden lag die Überlebensrate nur noch bei 58 Prozent.
Nach 72-stündiger Lagerung überlebten alle Empfängertiere mindestens drei Monate. Bei Konservierung von 96 Stunden lag die Überlebensrate nur noch bei 58 Prozent.

(ES/DS). Mit einer ausgeklügelten, auf extremer Kühlung basierenden Methode wollen US-Mediziner die Lagerfähigkeit von Spenderorganen in Zukunft drastisch verlängern. In ersten Tests konservierten sie Lebern vier Tage lang – allerdings bislang nur bei Ratten.

Sollte sich der Erfolg auf den Menschen übertragen lassen, könnte dies den Organmangel etwas entschärfen, schreiben die Forscher um Korkut Uygun von der Harvard Medical School in Boston in der Zeitschrift „Nature Medicine“.

Weltweit warten Hunderttausende Menschen auf ein Spenderorgan. Neben dem Mangel an Spendern liegt ein Problem auch in der kurzen Haltbarkeit. Seit den Achtzigerjahren kühlt man Organe bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in Lösungen, die den Stoffwechsel drosseln. So könne man Spenderlebern bis zu zwölf Stunden erhalten, schreiben die Forscher. Ließe sich diese Zeit ausdehnen, könnten Empfänger aus einem größeren Umkreis ausgewählt und besser auf die Operation vorbereitet werden. Allerdings birgt das Kühlen von Organen etliche Risiken, von der Eisbildung bis zur Schädigung von Zellen.

Die Mediziner testeten nun an Ratten ein Verfahren, das die Konservierung von Lebern deutlich ausdehnt. Dabei schlossen sie die entnommenen Organe zunächst an ein Perfusionssystem an, das die Versorgung des Gewebes mit Sauerstoff und Nährstoffen gewährt. Zum Kälteschutz behandelten sie die Lebern mit der Glukoseverbindung 3-OMG (3-O-Methyl-D-Glukose) und kühlten sie mit Polyethylenglykol als Frostschutz und einer weiteren Lösung auf vier Grad Celsius. Schließlich lagerten sie die Organe bei -6 Grad Celsius für 72 oder 96 Stunden, bevor sie die Temperatur stufenweise wieder erhöhten.

Überlebensrate von 100 Prozent nach 72 Stunden Lagerung

Nach 72-stündiger Lagerung überlebten alle Empfängertiere mindestens drei Monate. Bei Konservierung von 96 Stunden lag die Überlebensrate nur noch bei 58 Prozent. „Auch unter den vier Tage gelagerten Lebern hätten wir eine Überlebensrate von 100 Prozent erreicht, wenn wir nur jene genommen hätten, in denen Sauerstoffaufnahme, Flüssigkeitsbildung und Durchfluss der Perfusionslösung gut waren“, wird Co-Autor Bote Bruinsma in einer Mitteilung der Universität zitiert. Die Autoren schreiben: „Dies ist nach unserem Wissen die erste Konservierungstechnik, die Lebern noch nach vier Tagen transplantierbar erhält.“

Eine Übertragbarkeit des Verfahrens auf den Menschen würde die Zahl der erfolgreichen Lebertransplantationen erhöhen, betonen sie. „Je länger wir Spenderorgane lagern können, desto größer ist die Chance, dass ein Patient die bestmögliche Übereinstimmung bekommt und dass Ärzte und Empfänger optimal auf die Operation vorbereitet sind“, sagt Rosemarie Hunziker von den Nationalen US-Gesundheitsinstituten (NIH). „Das ist ein entscheidender Schritt, um die Organlagerung für eine Transplantation zu verbessern.“

Bis zur Anwendung am Menschen ist es allerdings noch ein weiter Weg, wie die Forscher selbst einräumen: Dies liegt zum einen daran, dass sich menschliche Leberzellen von solchen bei Nagetieren unterschieden. Zudem steigt das Risiko für Frostschäden auch schon allein deshalb, weil menschliche Lebern viel größer sind als die etwa von Ratten.