Die Ersatzniere von einem lebenden Spender ist in Österreich die Ausnahme. Innsbrucker und Salzburger Mediziner wollen jetzt vermehrt auf die Vorteile hinweisen.
Niere vom Lebendspender hält länger

(ES/SN). Sie passen immunologisch meistens besser zum Empfänger, die Transplantation kann punktgenau vorbereitet werden und sie halten daher meist länger – diese drei Vorteile nennen Experten, wenn es um eine Ersatzniere von einem lebenden Spender geht.
Ein großes Thema ist die Nieren-Lebendspende in Österreich trotzdem nicht. Erhebliches öffentliches Aufsehen haben nur die Organspenden für Niki Lauda erregt. Der Formel-1-Weltmeister hat 1997 eine Niere von seinem Bruder Florian und 2005 eine zweite von seiner Lebensgefährtin bekommen.
In Österreich ist das aber eher die Ausnahme als die Regel. Im Jahr 2012 wurden insgesamt 420 Nieren transplantiert, nur 63 davon kamen von Lebendspendern. Ganz anders ist das Verhältnis etwa in den USA, wo jede zweite Niere von einem Lebenden gespendet wird. In Dänemark und in Deutschland steht bei rund jeder dritten Transplantation eine Niere von einem Lebenden zur Verfügung. Der SPD-Politiker Frank-Walter Steinmeier und DGB-Chef Jürgen Sommer haben jeweils eine Niere für ihre Frau gespendet.
Der geringere Anteil in Österreich könnte auch damit zusammenhängen, dass hierzulande – im Verhältnis – mehr Organe von hirntoten Spendern verfügbar sind. Das ändert allerdings nichts daran, dass die durchschnittliche Wartezeit auf eine Spenderniere noch immer bei vier bis sechs Jahren liegt. Bei einer ungewöhnlichen Blutgruppe kann es sogar noch länger dauern. Zudem müssen immer mehr Organe von älteren Spendern herangezogen werden. Diese halten naturgemäß nicht so lang.
Aber nicht nur wegen der langen Wartezeit, in der die Betroffenen auf die Dialyse angewiesen sind, gehen Innsbrucker und Salzburger Mediziner jetzt in die Öffentlichkeit. Es gebe auch unabhängig von der eingeschränkten Lebensqualität, die mit einer jahrelangen Dialyse verbunden sei, triftige Gründe für die Nieren-Lebendspende.
Der Innsbrucker Chirurg Christian Margreiter nennt mehrere Vorteile einer Lebendspende:
Bei der Niere von einem Lebendspender aus dem blutsverwandten Familienkreis handle es sich meist um ein besonders gutes, immunologisch genau passendes und funktionstüchtiges Organ.
Die Entnahme der Spenderniere und die Implantation im Empfänger könnten in einem Transplantationszentrum unmittelbar aufeinander erfolgen. Es entfielen längere Transportwege, und die Zeit, in der das Organ gekühlt aufbewahrt werden müsse, sei sehr kurz.
Die Niere eines Lebendspenders könne bereits eingesetzt werden, bevor der Patient mit einer Dialyse beginnen müsse. Dadurch entfielen die jahrelange Wartezeit sowie die gesundheitlichen Belastungen und die Kosten einer Dialyse.
Bei Patienten, die eine Niere vor Beginn einer Dialyse erhalten, sei die Überlebenszeit des transplantierten Organs deutlich besser, als wenn der Patient bereits zwei, drei Jahre an der Dialyse gewesen sei.
Diesen Vorteilen einer Nieren-Lebendspende steht die Obsorge für den möglichen Spender gegenüber. Es müssen nicht nur andere Krankheiten oder Risiken ausgeschlossen werden, die zu einem Versagen der – dann einzigen Niere – beim Spender führen könnten. Es ist im Vorfeld auch Pflicht, die Beweggründe und die emotionale Verfassung des Spenders durch ein psychologisches Gutachten genau zu klären. Das wird besonders beachtet, wenn der Wunsch nach einer Nierenspende nicht vom Spender, sondern vom Empfänger ausgeht.
Der Innsbrucker Internist Hannes Neuwirt weist allerdings darauf hin, dass die Initiative meist vom Spender selbst ausgehe. Neuwirt hat sich eingehend mit dem Thema „Anforderungen an Lebendspender“ befasst. „Die Lebendspende ist das höchste Gut, das man dem Empfänger bieten kann. Wenn mein Sohn eine Niere bräuchte, würde ich nicht lang überlegen.“