Noch immer kämpfen Mediziner mit der Abstoßung von Spenderorganen: Die Fortschritte seien allerdings schon beträchtlich, so Experten in Wien

(ES/APA). Die Ergebnisse der Transplantationsmedizin sind in den vergangenen 30 Jahren immer besser geworden. Doch es gibt weiterhin ein Riesenproblem: die langfristige Schädigung des Spenderorgans durch eine von Antikörpern getriebene Abstoßungsreaktion und die Toxizität der Arzneimittel zur Immunsuppression. Das erklärten internationale Experten beim Symposium „Transplant Forum“ in Wien.
Begrenzter Erfolg
Bei allen Erfolgen der Vergangenheit sind die Herausforderungen in diesem Bereich weiterhin enorm, sagt Transplantationsimmunologe Thomas Wekerle. So zum Beispiel werden zwar jährlich weltweit rund 500.000 Spendernieren für Patienten transplantiert, die an endgültigem Nierenversagen leiden, die Erfolgsraten sind aber noch immer limitiert. „Mehr als drei Prozent der transplantierten Spendernieren versagen pro Jahr. Das betrifft pro Jahr weltweit 15.000 Patienten“, sagt Philip Halloran, Leiter des Alberta Transplant-Programms in Edmonton (Kanada).
Die nach einer Organtransplantation schnell auftretende akute Abstoßungsreaktion auf der Basis einer Immunreaktion, die durch bestimmte weiße Blutkörperchen (T-Lymphozyten) ausgelöst wird, lässt sich durch eine ausreichende medikamentöse Dämpfung der Abwehrkräfte mittlerweile gut in den Griff bekommen. Doch langfristig geht es um eine ganz andere Problematik. „Nach durchschnittlich 10,6 Jahren findet man keine T-Zell-Reaktion mehr. Doch Antikörper gegen das Spenderorgan lassen sich auch noch nach 30 Jahren nachweisen“, so Halloran.
Antikörper, welche Gewebe direkt angreifen oder für einen Angriff durch Immunzellen markieren, werden von B-Lymphozyten beziehungsweise Plasmazellen produziert. Eine Gegenstrategie könnte also darin liegen, B- und/oder Plasmazellen zu beseitigen. Doch bisher gibt es noch keine wirklich gute und wissenschaftlich belegte Medikation, die man hier einsetzen könnte. Einige ehemals dafür in Entwicklung stehende Arzneimittel wurden von der Pharmaindustrie in andere und wegen einer größeren Anzahl von Patienten profitablere Anwendungsbereiche, zum Beispiel in die Rheumatologie, umgeleitet. Die Entwicklungsprogramme für die Transplantationsmedizin wurden gestoppt.
Abstoßung verhindern
„Wir haben gute Möglichkeiten, die kurzfristige Abstoßungsreaktion durch T-Zellen zu verhindern. Aber wir sind insuffizient bei der Bekämpfung der langfristigen Abstoßungsreaktion, zum Beispiel durch Antikörper“, sagte Klemens Budde, Chef des Transplantationsprogramms der Berliner Universitätsklinik Charite. Die Transplantationsimmunologen benötigen einerseits neue Arzneimittel zur Immunsuppression, andererseits wollen sie sich Medikamente „borgen“, welche derzeit in anderen Fachbereichen eingesetzt werden. So werden Rituximab-Antikörper zur Beseitigung der B-Zellen bei B-Zell-Leukämie eingesetzt. Das Chemotherapeutikum Bortezomib wiederum greift Antikörper-produzierende Plasmazellen an.
Hinzu kommt, dass das wichtigste Immunsuppressivum, das ehemals die moderne Transplantationsmedizin erst möglich gemacht hat, Cyclosporin A, selbst toxisch für die Nieren ist und langfristig auch noch andere Nebenwirkungen aufweist. Reduziert man dessen Verwendung, liegt der „Preis“ weiterhin in einer vermehrten Abstoßungsrate. Alles das deutet nicht darauf hin, dass die Medizin diese Probleme bald gelöst haben könnte. „Es ist ein steiler und steiniger Weg. Aber am Gipfel wird die Aussicht großartig sein“, sagt Budde.