Eine 83-jährige Niere kann sehr fit sein Die Nachfrage nach Organen wird steigen. Alter der Spender und Empfänger steigt.

(ES/Kurier). Es ist eine sehr positive Nachricht: „In Österreich sind 50 Prozent der Menschen mit chronischem Nierenversagen erfolgreich transplantiert worden“, sagt Transplantationschirurg Univ.-Prof. Ferdinand Mühlbacher, Leiter der Uni-Klinik für Chirurgie der MedUni Wien.

Ende 2012 lebten in Österreich 4238 Dialysepatienten und 4220 Patienten mit einer transplantierten Niere (laut Österr. Dialyse- und Transplantationsregister). Bei zehn Prozent der Bevölkerung ist die Nierenfunktion eingeschränkt.
Ende 2012 lebten in Österreich 4238 Dialysepatienten und 4220 Patienten mit einer transplantierten Niere (laut Österr. Dialyse- und Transplantationsregister). Bei zehn Prozent der Bevölkerung ist die Nierenfunktion eingeschränkt.

„Das ist weit mehr als anderswo.“ Die Lebensqualität ist mit einer Spenderniere höher als bei der Dialyse („Blutwäsche“). AKH-Chirurg Mühlbacher war einer der Referenten bei den „Wiener Gefäßgesprächen“ 2013.

Rund zehn Jahre beträgt die durchschnittliche Lebensdauer von Nieren toter Spender – vielfach ist es deutlich länger. Bei Lebendnieren sind es durchschnittlich 15 Jahre: „Die mussten nicht den Stress des hormonellen Gewitters des Todes mitmachen.“ 8500 Menschen leben in Österreich mit einer Dialyse oder einem funktionierenden Nierentransplantat. „Seit 2002 hat die Zahl der Patienten um zirka 33 Prozent zugenommen“, sagt Prim. Priv.-Doz. Afshin Assadian, Leiter der Gefäßchirurgie am Wilhelminenspital Wien und wissenschaftlicher Sprecher des „Gefäßforum Österreich“. „Aufgrund der steigenden Zahl an Menschen mit Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und höherem Alter wird die Zahl der Dialysefälle weiter steigen.“

Das erhöht aber auch die Nachfrage nach Organen – „die Wartezeit auf eine Niere ist von früher eineinhalb auf derzeit fast drei Jahre im Schnitt gestiegen, 800 Patienten sind auf der Warteliste“, so Mühlbacher: „Diese Zahl bleibt konstant.“ Gleichzeitig steigt das Durchschnittsalter der Spender (von früher rund 40 bis 45 auf derzeit bereits 55 Jahre) und Empfänger: „Die älteste Niere, die wir transplantiert haben, war 83 Jahre alt – wobei nicht die Zahl der Jahre, sondern das biologische Alter zählt. Mit neuen Testverfahren für die Organe werden wir den Altersbereich noch mehr ausweiten können.“

416 Nieren wurden 2011 in Österreich transplantiert, 55 stammten von lebenden Spendern. „Diese könnte noch mehr sein – prominente Aushängeschilder wie Altbundeskanzler Franz Vranitzky (siehe „Gefragt“ unten, Anm.) wären ja da“, sagt Mühlbacher. Auch Ärzten müsse die Möglichkeit einer Organspende noch mehr bewusst gemacht werden: „Sie scheuen sich oft, bei einem Todesfall das Thema mit den Angehörigen abzuhandeln. Aber nach einem Gespräch sind die meisten damit einverstanden. Bei dieser Vorgangsweise verlieren wir nur zirka zehn Prozent der möglichen Spender.“ – „Ein Problem ist auch, dass wir als Ärzte für solche Situationen nicht ausgebildet werden“, sagt Assadian. „Und vielfach mangelt es auch an Wissen.“

Blutgruppen kreuzen

Mühlbacher: „Es hat sich noch nicht überall herumgesprochen, dass wir beute bei Lebendspenden nach Vorbereitung des Empfängers auch die Blutgruppen kreuzen können – auch nicht unter allen Ärzten. Vor Kurzem habe ich einer 50-jährigen Frau mit Blutgruppe A eine Niere ihrer Mutter mit Blutgruppe null transplantiert. Sie war zehn Jahre nur deshalb an der Dialyse, weil man ihr gesagt hat, diese Transplantation sei nicht möglich.“