Das Thema Organspenden und -transplantationen gehört in der chinesischen Kultur zu den traditionellen Tabus. Allerdings benötigen in der Volkrepublik mindestens 300.000 Patienten pro Jahr neue Organe, während maximal 10.000 Organspenden zur Verfügung stehen.
(ES/CRL). Um die chinesische Öffentlichkeit für die lebensrettende Bedeutung von Organspenden zu sensibilisieren, wurde jetzt ein öffentliches Online- Portal für freiwillige Organspender eingerichtet. Chinesen, die über traditionelle Barrieren hinweg zur freiwilligen Organspende bereit sind, können sich dafür auf der Website www.savelife.org.cn eintragen. Die Betreiber des in Guangzhou eröffneten Organspende-Portals erhoffen sich davon auch eine Beispielwirkung für breitere Teile der Öffentlichkeit.
Hinter dem Organspende-Portal stehen unter anderem das Büro für Hongkong-, Macao- und Taiwan-Angelegenheiten bei der staatlichen Kommission für Gesundheit und Familienplanung, die Internationalen Rotarier, das Erste Krankenhaus der Zhongshan-Universität sowie die Zentrale Datenbank für Transplantationsorgane. Das gemeinsame Anliegen der Webseite beschreibt Zhou Jun von der staatlichen Kommission für Gesundheit und Familienplanung so:
„Diese Webseite zielt darauf ab, die Idee der Organspende in der Bevölkerung zu popularisieren – und zwar anhand wahrer und berührender Geschichten über Organspenden. Damit kann das Bewusstsein der Bevölkerung in diesem Bereich geweckt werden. Zudem können sich die Bürger auf der Webseite als potentielle Organspender registrieren. So kann die Webseite zu einem Portal für freiwillige Organspender werden.“
Bei der Eintragung auf der Webseite geben potentielle Organspender individuelle Informationen wie Namen, Ausweisnummer und Handynummer sowie das nach dem Tod zur Spende vorgesehene Organ an. Diese freiwilligen Angaben werden dann an die von staatlichen Gesundheitsbehörden autorisierten Organisationen und Spenden-Koordinatoren vorgelegt.
In China sind nach Angaben der staatlichen Kommission für Gesundheit und Familienplanung jährlich etwa 300.000 Menschen auf eine lebensrettende Organstransplantation angewiesen. Zu den zirka 10.000 Patienten, für die tatsächlich ein gespendetes Organ zur Verfügung stand, gehört Chao Lemeng, der Cheftänzer des Guangzhouer Ballett-Ensembles:
„Ich kenne den Spender und seinen Namen nicht. Allerdings hat er mir eine Chance für ein neues Leben gegeben. Deshalb werde ich ihn zeitlebens mit großer Dankbarkeit verehren. Und am Ende meines Lebens werde auch ich dann freiwillig und meine körperlichen Organe spenden.“
Andererseits beurteilen viele Leute aufgrund der traditionellen Vorstellungen Organspenden immer noch äußerst skeptisch. So meint Ye Limei, eine Studentin der Zhongshan-Universität:
„Ehrlich gesagt, selbst wenn ich bereit wäre, meine Organe zu spenden, würden meine Familienangehörigen starke Einwände dagegen haben. Denn es gibt ja den tief verwurzelten Glauben, dass vollständig geboren werden und auch unversehrt bis zum Ende des Lebens gehen soll. Und natürlich beeinflusst diese Idee auch meine Entscheidung.“
Organtransplantation begannen im chinesischen Binnenland in den 1960er Jahren. Inzwischen liegt die absolute Zahl der Organstransplantationen in China weltweit auf dem zweiten Platz. Zugleich ist aber wegen fehlender Spenderorgane mittlerweile das Land mit den meisten auf eine Organstransplantation wartenden Patienten der Welt.